Gastbeitrag:
Der japanische Kunde ist Gott
Gott statt König - auf was Unternehmen und Agenturen bei japanischen Kunden achten müssen, weiß Matthias Maschmann, Geschäftsführer der Agentur MaschmannFautzHuff.
Seit gut 15 Jahren arbeite ich als Berater für japanische Unternehmen. In dieser Zeit habe ich gelernt, was Service wirklich bedeutet. Denn zumindest für Japaner ist der Kunde laut einem Sprichwort Gott – und nicht König. Das birgt auch besondere Anforderungen an die Arbeit einer Agentur für japanische Kunden. Japaner sind es gewohnt, dass Dienstleister sie glücklich machen, anstatt ihnen nur etwas zu verkaufen. Wer das nicht versteht, wird als Agentur nur schwerlich eine langfristige Beziehung zu einem japanischen Kunden aufbauen können.
Im Japanischen gibt es einen Begriff dafür: "Omotenashi", was so viel bedeutet wie "den Gast aus tiefstem Herzen und völlig selbstlos glücklich machen wollen", wobei eben nicht zwischen Kunde und Gast unterschieden wird. Diese Einstellung ist deutschen Agenturen jedoch zumeist mindestens fremd. Hier geht es eher um "dem Kunden die beste Kreation entwickeln" – zumindest im besten Fall. Doch das ist für einen japanischen Kunden viel zu pragmatisch und in der Beziehung zu unemotional. Und ist zudem weit entfernt von der Uneigennützigkeit.
Keine Belehrungen
Ein weiterer Unterschied zum typisch deutschen Agenturkunden ist die japanische hierarchische Struktur in Unternehmen. Wir können es uns oft einfach nicht gut genug vorstellen. Aber in einem japanischen Unternehmen kommen die Ideen, die Strategie, der Prozess von oben. Immer. Oft auch unabhängig von fachlicher Expertise. Japanische Kunden mögen es nicht gern, belehrt zu werden. Und deswegen ergibt es auch wenig Sinn, seinem japanischen Kunden erklären zu wollen, dass er zum Beispiel eine nicht ganz richtige Vorstellung vom europäischen Markt hat. Richtiger ist, zu schauen, wie man ihn in seiner Meinung respektieren kann und diese um (belegbare) Einsichten ergänzt, die er wiederum in seine Vorgaben integrieren kann – um so gemeinsam den richtigen Weg zu beschreiten.
Überhaupt keine Aussicht auf Erfolg hat hingegen jeglicher Versuch, den japanischen Kunden von etwas zu überzeugen, was seiner eigenen Einstellung widerspricht. Denn Widerspruch ist er nicht gewohnt. Er ist viel mehr gewohnt, dass seine Untergebenen – und als solche empfindet er auch Dienstleister – alles tun werden, um seinen Auftrag zu erfüllen. Im Extremfall bis zum "Karoshi", dem "Tod durch Überarbeitung".
Dazu gehört auch Ungeduld, der Wunsch nach sofortiger Erledigung, das Ignorieren von erschwerenden Umständen usw. Kurz: Der japanische Kunde hat einen Auftrag und will ihn sofort, unauffällig und in jeder Hinsicht exzellent erledigt bekommen. Dafür ist er auch bereit, zu geben: angemessene Bezahlung und einen ehrlich empfundenen Respekt, der auf Dauer das Verhältnis auf Vertrauensebene erheben kann. Und dann kann sich ein Kunde-Agentur-Verhältnis entwickeln, das von Dauer und Treue geprägt ist.
In Zeiten von New Work mag all dies für uns überholt und wenig attraktiv klingen, aber es hat durchaus auch Vorteile. Denn der japanische Weg ist ein sehr geradliniger, der sich auf die tatsächlichen Stärken konzentriert. Und die Stärken liegen oft im Produkt selbst, das von der bedingungslosen Exzellenz seiner Entwicklung lebt und das nicht kommunikativ verschleiert werden muss. Daher kommunizieren japanische Unternehmen lieber auf Produkt- als auf Image-Ebene. Die Geschichten müssen sich glaubwürdig aus dem Produkt herleiten lassen, anstatt werblich konstruiert zu sein. Wer das als Agentur verstanden hat, erwirbt Vertrauen und kann auf diesem aufbauend dann auch überraschende und große Ideen platzieren.
Über den Autor:
Matthias Maschmann ist Geschäftsführer Beratung der Agentur MaschmannFautzHuff. Die Hamburger arbeiten seit sechs Jahren als europäische Lead-Agentur für CASIO, eines der traditionsreichen japanischen Unternehmen für elektronische Konsumgüter. Außerdem zählt der große Publisher Konami zu den langjährigen Kunden. Die Agenturführung hat zudem viele Jahre weitere Erfahrungen mit japanischen Unternehmen gemacht: weitere Games-Größen wie Nintendo oder Square Enix, Kojima Productions, aber auch für den Autohersteller Mitsubishi wurde gearbeitet.