Transparenz über ads.txt:
Wenn alle mitmachen, lässt sich Adfraud bekämpfen
Das Werbetool Ads.txt vom IAB reduziert die Gefahr, dass Werbung auf gekaperten Marken-Sites ausgespielt wird.
Die ersten Publisher und Werbenetzwerke gehen jetzt aktiv gegen Adfraud vor, indem sie ads.txt-Scripte implementieren. Diese Mechanik hatte der internationale Werbeverband Internet Advertising Bureau (IAB) kürzlich ins Rennen geschickt.
Kurz gesagt handelt es sich dabei um eine Datei mit einer Auflistung der Werbenetzwerke, die das Inventar eines Publishers verkaufen. "Dieses kleine Script stellt der Publisher selbst öffentlich auf seine Server", sagt David von Hilchen, Sales Director DACH der Buying-Plattform Iotec, die sich an der IAB-Initiative zur Förderung der ads.txt-Implementierung beteiligt (Der OVK repräsentiert den IAB in Deutschland). Die Hintergründe werden im aktuellen Kontakter erklärt (Hier gehts zum Heft).
Konkret bekämpfen soll das IAB-Tool das sogenannte Domain-Spoofing. Dabei geben sich betrügerische Sites als Marken-Sites aus. Eine Untersuchung der britischen Financial Times zeigte unlängst Erstaunliches: Mit einem großen Teil der Werbenetzwerke, die Inventar der FT im Portfolio haben, hat das Finanzblatt keinerlei Geschäftsbeziehungen. Die dort angebotenen und verkauften Online-Werbeplätze wurden auch nicht auf der Webseite der Financial Times ausgespielt, sondern auf Sites, die sich nur technisch als ft.com ausgaben – mit Bots als einzigen Besuchern.
Auf etwa 1,1 Millionen Euro monatlich bezifferte die Financial Times den Schaden, der allein diesem Unternehmen sowie dessen Werbekunden durch das Domain-Spoofing entsteht.
Es drohen Umsatzeinbußen
Unterm Strich soll die ads.txt den Einkauf also deutlich transparenter machen, weil Werbekunden nun sicher wissen, wo das offizielle Inventar eines Publishers angeboten wird und wo nicht. Obwohl alles so einfach und beinahe selbstverständlich klingt, hat ads.txt für die Publisher einen Haken. In dem Script wird nämlich nicht nur offengelegt, auf welchen Netzwerken das eigene Inventar verkauft wird, sondern auch, welche direkten Deals man mit bestimmten Werbepartnern oder Marken eventuell hat.
"Genau davor schrecken einige Publisher noch zurück", sagt von Hilchen, der allerdings davon überzeugt ist, dass sich dieses Problem auf Dauer von alleine lösen wird. Der finanzielle Verlust, der durch das Domain-Spoofing entsteht, sei nämlich ungleich schmerzhafter als die Probleme, die ein wenig mehr Transparenz in diesem Bereich erzeugen würden.
Aktiv eingesetzt wird ads.txt beispielsweise von der Video-Supply-Side-Plattform SpotX, auf der zahlreiche Premium-Publisher ihr Inventar anbieten. Smartclip, das Schwesterunternehmen aus der RTL-Familie, hat unlängst ebenfalls damit begonnen, sein Inventar zu markieren. Die Liste hierzu lässt sich einfach abrufen, wie im Fall der ads.txt von rtl.de. Es werden jeweils alle Partner sichtbar, die das Inventar der Site kaufen oder weiterverkaufen dürfen.
Für Stefan Beckmann, Geschäftsführer der RTL-Tochter, war schon immer besonders wichtig, das Inventar auf seiner Plattform sauber zu halten: "Wir unterstützen von Beginn an die ads.txt-Initiative des IAB und haben alle unsere Publisher frühzeitig mit den relevanten Informationen dazu versorgt." Zudem sei man mit ihnen im permanenten Austausch, um sie bei der Implementierung aktiv zu unterstützen.
Ads.txt zeigt die Werbepartner einer Website
Mit Erfolg? Beckmann: "In den letzten Wochen sehen wir auf unserer Plattform einen deutlichen Anstieg von Seiten, die ads.txt implementiert haben, zumal auch immer mehr DSPs nur von ads.txt-validierten Anbietern Inventar abnehmen."
Ist das Ende des Domain-Spoofings also tatsächlich eingeläutet? "Zwischen 95 und 98 Prozent dieses Problems wären behoben, wenn alle Publisher das Script verwenden würden", sagt von Hilchen. Und zwar zumindest so lange, bis sich die auf diesem Feld aktiven Betrüger ein wirksames Mittel zum Aushebeln des kleinen Scripts einfallen lassen.
Damit ads.txt sein volles Potenzial ausspielen kann, ist eine flächendeckende Implementierung seitens der Premium Publisher notwendig. "Gerade darum ermutigen wir unsere Partner, sich dieser Initiative anzuschließen und die Transparenz in der gesamten Supply Chain zu steigern", sagt Kay Schneider, General Manager SmartX Platform.
Zudem empfiehlt er eine Standardisierung der Textdokumente, um das Verfahren weiter auszubauen. "Eine Unterteilung der Publisher-Dokumente in separate Listen mit Exchanges, die für den Verkauf von Video respektive Display-Inventar autorisiert sind, erachten wir unter anderem als eine sinnvolle Erweiterung, um Unklarheiten vorzubeugen." Wie das aussehen kann, zeigt die ads.txt von rtl.de ebenfalls.
st/lp