Bewegtbild-Vermarktung:
Mediacom und Facebook starten Bewegtbild-Projekt "Køre"
Es geht um ein Millionengeschäft, bei diesem Angriff zweier Riesen im Mediabusiness: Mediacom, Deutschlands größte Mediaagentur, startet im März eine facettenreiche Kooperation mit Facebook.
Es geht um ein Millionengeschäft, bei diesem Angriff zweier Riesen im Mediabusiness: Mediacom, Deutschlands größte Mediaagentur, startet im März eine facettenreiche Kooperation mit Facebook. "Køre" heißt das gemeinsame Baby, bei dem insgesamt vier Abteilungen der beiden Unternehmen involviert sind. Offiziell wird Mediacom dazu in den nächsten Tagen verkünden, dass das Ziel der Initiative sei, "Bewegtbildformate von Werbungtreibenden für die Anforderungen in Social Feeds zu optimieren".
Doch was verbirgt sich hinter diesem Vorstoß? Mediacom hat nicht gerade ein glückliches Jahr 2016 hinter sich, ging der wohl wichtigste Kunde verloren, Volkswagen mit einem geschätzten Budgetvolumen von 400 Mio. Euro. Doch inzwischen konnte die Agentur wieder einige große Etatgewinne vermelden, Nestlé etwa, mit gut 110 Mio. Euro. Und die gut 60 Mio. Euro von Ikea konnten nicht nur verteidigt, sondern mit dem Digitaletat noch um fünf Prozent aufgestockt werden, wie W&V vor wenigen Wochen exklusiv vermeldete.
Jetzt also weiter Aufbruchstimmung verbreiten? Schließlich heißt das dänische Wort "Køre" auf Deutsch "gehen". Auf geht's? Das Bewegtbildprojekt wirkt allerdings weniger wie ein PR-Gag, es scheint tatsächlich Substanz zu haben. In Großbritannien wurde Køre vor wenigen Wochen eingeführt, anscheinend mit äußerst positiver Resonanz auf Kundenseite. Denn Køre ist nicht irgendeine mysteriöse Optimierungsmaschine, sondern ein Paket aus Forschung, Messung, Planung und Kreation.
"Wie oft sieht man im Alltag TV-Spots, die einfach so 1:1 ins Netz gestellt werden", beklagt sich Norman Wagner, der als Mediacom-Geschäftsführer die Unit Beyond Advertising verantwortet und damit auch den Facebook-Deal. Das sei nicht effizient, das könne so nicht funktionieren. Laut einem internen Papier, das W&V vorliegt, werden nur 1,6 Prozent der uneditierten Spots komplett gesehen. Was auch daran liegt, dass 85 Prozent der Videos auf Facebook ohne Ton angeschaut werden. Daher kann nicht einmal jeder vierte Spot verstanden werden.
Die Einheiten Mediacom Science und Facebook Measurement sollen laut Wagner die Forschungsgrundlage liefern, also "Insights über Nutzerverhalten, Werbewirkung sowie die jeweiligen Anforderungen der Werbungtreibenden". Dann kommt noch Kreativ-Input hinzu: Wagners Unit Beyond Advertising und Facebook Creative Shop sollen bestehende Werbespots optimieren oder „komplett neuen Video-Content erstellen“. Heißt, Mediacom positioniert sich mit Facebook zusammen in Richtung Full-Service-Agentur. Das lässt Norman Wagner mal so stehen.
"Feed Ready" nennt er den neuen Service, für den Køre kontinuierlich das inhaltliche Fundament liefert. Ein Werbespot müsse binnen der ersten 1,7 Sekunden die Marke verraten, ohne Ton verständlich sein und für die vertikale Ansicht auf dem Smartphone formatiert sein. "Ergebnisse aus Großbritannien zeigen, dass ein Feed-Ready-Spot in Social Media von 20 Prozent mehr Nutzern angesehen wird als ein TV-Spot im gleichen Umfeld", sagt Wagner. Der ROI könne über 50 Prozent gesteigert werden.
Insgeheim hat Mediacom-Manager Wagner eine Hoffnung mit dem Vorstoß: zentraler Ansprechpartner für potenzielle Facebook-Kunden sein. Via Mediacom will er eine Brücke bauen. "Dafür ist eine Mediaagentur auch da!"
Der Bewegtbildmarkt bei Facebook hat für die Vermarktung noch riesiges Potenzial, das Deutschlandchefin Marianne Bullwinkel weiter ausschöpfen will . In den USA wird jetzt auch die Werbeunterbrechung von Videos getestet, wie Facebook gegenüber W&V bestätigt. Von den Werbeerlösen erhalten die Publisher 55 Prozent – 45 Prozent kassiert Facebook. Bei schätzungsweise täglich weit über zehn Milliarden Videoabrufen weltweit, davon fast drei Viertel mobil, steckt hier noch ein riesiges Potenzial.