Digitalvermarktung:
VDZ-Studie: E-Privacy-Gesetz lässt Onlinewerbung einbrechen
Die deutschen Verlage warnen vor den Folgen der E-Privacy-Verordnung. Mehr als 300 Millionen Euro jährlich würden dem digitalen Werbemarkt verloren gehen.
Die deutschen Verlage befürchten den Verlust von mehr als einem Drittel ihrer digitalen Werbeeinnahmen in Folge der geplanten E-Privacy-Verordnung. Dies geht aus einer Studie im Auftrag des Verbands Deutscher Zeitschriftenverleger (VDZ) hervor.
Der ehemalige Gruner+Jahr-Manager Oliver von Wersch hat hierfür Verantwortliche der reichweitenstärksten deutschen Nachrichtenseiten befragt. Das Ergebnis: die Mehrheit von ihnen erwartet große Umsatzeinbrüche im Online-Werbegeschäft, sollte das neue EU-Datenschutzgesetz so wie derzeit geplant in Kraft treten. 40 Prozent der Befragten rechnen mit einem Umsatz-Minus von 30 Prozent und mehr.
"Verlagen droht enormer Schaden"
Den Verlagen drohe "ein enormer Schaden", kritisiert VDZ-Präsident Rudolf Thiemann. Die Pläne von EU-Kommission und EU-Parlament entzögen "insbesondere den offenen Verlagsangeboten im Internet weithin die Grundlage für ihre Geschäftsmodelle", warnt der Verleger der Liburius-Verlagsgruppe. Thiemann fordert die Bundesregierung auf, "sich der geplanten E-Privacy-Verordnung entgegenzustellen".
Die Umsatzeinbrüche würden laut Studie sämtliche Formen der Onlinevermarktung betreffen. Direkte Buchungen von Werbekunden würden nach Meinung der Befragten um durchschnittlich 18 Prozent zurückgehen.
Buchungen über Mediaagenturen würden um 30 Prozent sinken. Am stärksten schlüge die EU-Verordnung auf das Wachstumsfeld Programmatic Advertising. Automatisierte Buchungen würden ebenfalls um durchschnittlich ein Drittel zurückgehen, rechnen die Studienautoren vor. Über die Hälfte der Verlagsmanager erwarten sogar noch höhere Einbußen.
E-Privacy-Verordnung "erschwert Durchsetzung von Bezahlinhalten"
Insgesamt gingen dem digitalen Werbemarkt jährlich mehr als 300 Millionen Euro verloren, prognostiziert der Verlegerverband. Hier seien auch Webseiten mit nicht-journalistischen Inhalten mitgerechnet, nicht aber Google und Facebook.
Die US-Konzerne profitierten dagegen dank ihrer Login-Daten. Die Verlagshäuser würden darauf mit eigenen Log-In-Systemen reagieren. Mehr als zwei Drittel der befragten Manager rechnen damit. Das würde aber Paid-Content-Angebote schwächen und "die Durchsetzung von Bezahlinhalten erheblich erschweren", kritisiert der VDZ.
Die geplante E-Privacy-Verordnung soll europaweit den Datenschutz im Internet und anderen Bereichen der elektronischen Kommunikation neu regeln. Sie würde gegenüber der derzeitigen deutschen Rechtslage die Möglichkeiten für Tracking und Targeting stark einschränken.
Ihre endgültige Fassung steht indes noch nicht fest. Sie wird in den nächsten Monaten in Verhandlungen zwischen Vertretern der EU-Kommission, des Europäischen Parlaments und des EU-Rats bestimmt. Eigentlich sollte das Gesetz bereits im Mai 2018 in Kraft treten. Experten rechnen damit aber frühestens im nächsten Jahr.
In einer großen vierteiligen Serie analysiert W&V die Folgen und Hintergründe der E-Privacy-Verordnung.