Gastkommentar von The Nunatak Group:
Blockchain - Gamechanger für die Medienwirtschaft
Wenn die Blockchain wie ein Logbuch alle Aktionen der Partner aufzeichnet, liegt darin eine große Chance für Medien. Ein Gastkommentar von Robert Jacobi und Stefan Hopf, The Nunatak Group.
Höhere Transparenz im Werbegeschäft, neue Content-Vermarktungsmöglichkeiten und ein besseres Verständnis für den Kunden: Für Medienhäuser könnte die Blockchain sich sehr positiv auswirken – und ist dabei gar nicht mal so kompliziert, meint Robert Jacobi, Gründer und Geschäftsführer der auf Digital-Strategien spezialisierten Unternehmensberatung The Nunatak Group aus München.
Blockchain - Gamechanger für die Medienwirtschaft
Der größte Fehler, den man beim Thema Blockchain machen kann? Es zu unterschätzen und als Spielerei der Techies abtun.
Denn das Gegenteil ist der Fall: Seit einem Jahr ist weltweit das Interesse an dem Trendthema der Wirtschaft kontinuierlich, seit November sogar sprunghaft gestiegen. Die weltweiten Google-Suchanfragen beispielsweise haben sich in der Zeit mehr als verfünffacht. Parallel dazu zogen die Investitionen steil an.
Auf ICO-Basis – vereinfacht gesagt Crowdfunding per Kryptowährung – belief sich 2017 die hierüber erlöste Summe nach unseren Berechnungen auf rund zwei Milliarden Dollar – nach rund 210 Millionen im Jahr 2016.
Dabei betrifft die Blockchain nicht nur die ganz großen Segmente der globalen Wirtschaft – wie etwa Banken-, Versicherungs-, Automobilbranche oder auch den gesamten Gesundheitssektor. Die digitalen Blockketten, die wie ein Logbuch alle Aktionen und Transaktionen der jeweiligen Partner aufzeichnen, könnten künftig auch die Verlage und TV-Sender so entscheidend prägen wie die Etablierung des Internets.
Betroffen davon sind so ziemlich alle Bereiche der Medienhäuser – zumindest langfristig:
Erstens: Werbung
Die Blockchain könnte den Handel mit Werbung viel transparenter machen als er jetzt ist. Das betrifft vor allem die Onlinewerbung. Denn: Alle Zwischenhändler, die sich zwischen Advertiser und Publisher geschaltet haben, legen nun (zwangsläufig) offen, welchen Anteil an einzelnen Werbe-Buchung sie tatsächlich für sich einbehalten.
Die Rolle dieser "middlemen" in der gesamten Wertschöpfungskette wird damit stärker denn je hinterfragt. Im Gegenzug steigt die Bedeutung von Plattformen, die Direktbuchungen von Advertisern bei Publishern ermöglichen.
Zweitens: Content
Blockchain gibt die Entscheidung, welche Inhalte ich wann kommuniziere und was ich dafür bezahle, ganz in die Hand des Endnutzers. Aus der Fülle der Inhalte eines Verlages wählt jeder User ganz individuell aus – Texte, Rezepte, Tutorials – und kann ohne Zwischenhändler dafür bezahlen, sei es in Geld, oder indem er Werbung anschaut.
Entscheidend wird, ob die Verlage hier entsprechende Strukturen schaffen. In den USA etablieren sich erste Plattformen, die das Geschäft zwischen Journalisten und Endverbraucher direkt regeln. Civil ist ein Beispiel dafür.
Drittens: Vertrieb
Der größte Schatz der Vertriebsabteilungen? Die Nutzer-Daten. Doch die könnten künftig wieder auf den einzelnen User übergehen – und würden Medienhäusern wohl nur selektiv und temporär begrenzt überlassen. Die Blockchain macht’s möglich: Endverbraucher können hierin einen privaten, sicheren Bereich einrichten, auf den Externe nur nach Einwilligung Zugriff haben.
Zukunftsmusik? Von wegen. Mit Civic gibt es bereits eine solche Plattform. Herausforderung für die Vertriebsabteilungen wird es sein, Anreize zu schaffen, damit die Medienkonsumenten diese privaten Daten freigeben.
Viertens: Lizenzen
Wer sagt, dass TV- und Kino-Formate künftig noch auf glamourösen Events wie Cannes gehandelt werden? Viel wahrscheinlicher sind auch hier Plattformen, auf denen Inhalte-Produzenten Käufern wie TV-Stationen, Web-Portalen oder VoD-Anbietern ihre Formate anbieten.
Wissens-TV-Produzent Welt der Wunder steigt als einer der ersten in den Markt ein und bietet sein gesamtes Programmvermögen nun über eine eigene Blockchainlösung an. Eine Verletzung der Nutzungsrechte ist unmöglich, weil sich jeder Abnehmer über die Smart Contracts registrieren muss.
Das Schöne daran: Blockchain setzt keine hohen Investitionen oder komplexe Programmiersprachen voraus. Es gibt also keinen Grund nicht jetzt schon zu experimentieren und mit ersten Pilotprojekten zu beginnen. Die weltweiten Investments und die Suchanfragen zeigen, in welch rasanter Geschwindigkeit sich das Thema jetzt in der Wirtschaft gerade seinen Weg bahnt.
An dem Gastkommentar hat Stefan Hopf, Senior Consultant bei The Nunatak Group, mitgewirkt.