Agenturkultur:
So arbeitet es sich bei ... VCCP
Flexibel und unorthodox: Bei VCCP Berlin arbeiten Junioren nicht den Senioren zu, sondern auf eigenen Projekten, die ihren Fähigkeiten entsprechen. Die Agentur bietet außerdem Freelancern einen eigenen Co-Working-Space an. Und das ist noch nicht alles.
VCCP Berlin ist Teil eines unabhängigen, internationalen Kreativnetworks, das über Standorte in London, Madrid, Prag, San Francisco und Sydney verfügt. Das Berliner Office wird mittlerweile geführt von Wiebke Dreyer (Strategie), Ilan Schäfer (Beratung) und Mark Hendy (Kreation). Die Hauptstadt-Agentur hat sich in den vergangenen zwei Jahren neu aufgestellt und positioniert sich heute als Strategieberatung mit kreativer Exekution.
Unsere Fragen zur Agenturkultur bei VCCP Berlin beantwortet die Strategie-Geschäftsführerin Wiebke Dreyer.
Gibt es in Ihrer Agenturgruppe Berufsfelder und Jobs, die lange unbesetzt bleiben und für die Sie händeringend nach Personal suchen? Wenn ja, wie lange sind die Stellen unbesetzt? Und was machen Sie, um genau dort Leute zu finden?
Da teilen wir das Schicksal mit vielen anderen Agenturen – heiß begehrt und schwer zu finden sind Texter, Strategen, UX-Designer und Developer. Wobei es diese Talente durchaus gibt, sie möchten sich nur nicht unbedingt fest anstellen lassen.
Wir haben bei uns im Haus einen Co-Working-Space eingerichtet, in dem wir Freelancern einen Arbeitsplatz bieten und wir im Gegenzug Arbeitszeitkontingente von ihnen erhalten. Durch die räumliche Nähe ergeben sich immer wieder großartige Kollaborationsmöglichkeiten, von denen beide Seiten profitieren.
Haben Sie ein Patentrezept für die Bildung einer starken Arbeitgebermarke gefunden?
Wir glauben, jede Agentur zeichnet sich durch eine eigene Kultur und Arbeitsweise aus. Wir legen Wert auf das Individuum. Wir suchen bewusst nach Menschen mit Persönlichkeiten und geben diesen Raum, sich zu entfalten. Wir glauben an Inspiration durch Kollaboration. Das funktioniert am besten, wenn unterschiedliche Charaktere mit unterschiedlichen Fähigkeiten und Ansichten an einen Tisch kommen.
Kundenberatung, Strategie, Kreation und Produktion sind bei uns zum Beispiel voll integriert. Wir beziehen die Kreation schon ganz früh in die Strategiephase mit ein, da jeder gute Kreative gute Insights hat und der kreative Prozess so schon früh in Gang gesetzt wird. Umgekehrt entwickeln auch Berater und Strategen Produktideen und Lösungen. Als Team arbeiten wir an besseren Brand Experiences für unsere Kunden. Das ergibt einen spannenden Austausch, bei dem wir uns alle weiterentwickeln. Dabei geht es um Authentizität, Offenheit, Verantwortung und das Gefühl, dass jemand mit Herzblut dabei ist und etwas bewegen will.
Wir geben daher sehr viel Verantwortung in die Teams. Wer etwas bewegen will, der darf und kann. Bei uns arbeiten nicht die Junioren den Senioren zu, sondern auf eigenen Projekten, die ihren Fähigkeiten entsprechen – natürlich mit entsprechender Führung und Rückendeckung. Dementsprechend präsentiert auch jeder seine Projekte selbst beim Kunden. Darüber hinaus entwickeln wir mit jedem Mitarbeiter seine persönlichen Ziele und Perspektiven. Und dabei dreht es sich nicht nur um Projekte und Gehaltsstufen, sondern auch um persönliche Interessen, Motivationen und Soft Skills.
Was tun Sie konkret zur Mitarbeiterbindung? Gibt es bei Ihnen die Möglichkeit zu...
... Home-Office, Sabbaticals, flexiblen Arbeits- und Urlaubszeiten?
Individuen brauchen Freiraum. Hier setzen wir auf individuelle Lösungen. Es gibt Teilzeitverträge, persönliche Arbeitszeitregelungen für Eltern und natürlich auch die Gelegenheit, mal außerhalb der Agentur zu arbeiten. Der Urlaubsanspruch pro Jahr ist fest geregelt, wird aber natürlich individuell in Anspruch genommen. Auch Sabbaticals haben wir schon ermöglicht. Insgesamt setzen wir vor allem auf gemeinsame Absprachen. Es muss für den Einzelnen und das Team funktionieren.
... bezahlten Überstunden?
Wir versuchen, Überstunden so gut es geht zu vermeiden. Wir haben alle gelernt, dass es wichtiger ist, Zeit für Erholung und Inspiration zu haben, als permanent in der Agentur zu sitzen. Wenn es zu Hochphasen kommt, werden Überstunden über Freizeit abgegolten.
... Job-Tausch mit anderen Niederlassungen bzw. Partnerunternehmen?
Einer der Punkte, weswegen unsere Kollegen gerne hier arbeiten, ist Internationalität. Neben Mark Hendy als internationalem Executive Creative Director haben wir unser Berlin-Team vor allem in der Kreation wieder deutlich internationaler aufgestellt.
Als unabhängiges internationales Mini-Netzwerk arbeiten wir viel mit unseren Kollegen in Prag, Madrid und London im täglichen Geschäft zusammen. Bisweilen auch mit San Francisco oder Sydney. Teams werden je nach Job standortübergreifend zusammengestellt, und man arbeitet projektweise auch in anderen VCCP-Standorten. Im Vergleich zu großen Agenturnetzwerken geht es dabei sehr unbürokratisch und persönlich zu.
... Herzensprojekten außerhalb des bezahlten Kundengeschäfts?
Im Idealfall lassen sich die Herzensprojekte mit dem Kundengeschäft verbinden. Das ist vielleicht nicht von Anfang an vergütet, kann sich jedoch dennoch auszahlen. Auch dies ist eine individuelle Vereinbarung mit jedem Mitarbeiter. Darüber hinaus schaffen wir gern Raum für persönliche Weiterbildungsprojekte, egal ob es das Masterstudium ist, der Ausbilderschein oder der Yogalehrer. Wenn wir unsere Mitarbeiter in ihren persönlichen Motivationen unterstützen haben wir alle etwas davon. Schließlich haben wir ja genau diese Persönlichkeit eingestellt.
Kletterwand, Baumhaus, Sterne-Kantine: Was bieten Sie Ihren Mitarbeitern an außergewöhnlichen Incentives?
Bei uns kann man entspannt im Garten oder auf der Dachterrasse arbeiten (oder auch an der Tischtennisplatte – kurioserweise einer der beliebtesten Schreibtische der Agentur). Aber unsere eigentliche Geheimwaffe heißt Constanze, die uns mit selbst gebackenen Kuchen verwöhnt und einmal die Woche für uns kocht. Natürlich haben wir auch ein Herz für Tiere. Gut erzogene Hunde sind uns herzlich willkommen. Und: Wir feiern natürlich die Feste, wie sie fallen.
Wie erfassen Sie die Mitarbeiterzufriedenheit? Welche Errungenschaften und Vorteile sind Ihren Mitarbeitern besonders wichtig?
Wir führen regelmäßige Personalgespräche, die nicht nur die Mitarbeiterperformance abklopfen, sondern auch die Agenturperformance gegenüber dem Mitarbeiter: Kollegen, Führungskräfte, Umfeld etc. Das ist sehr umfassend und sehr aufschlussreich. Im ersten Jahr gibt es drei Feedbackgespräche (nach drei, sechs und zwölf Monaten), danach offiziell einmal im Jahr.
Darüber hinaus haben wir eine offene Feedbackkultur. Der Vorteil einer kleinen Agentur in offenen Räumen ist, dass man sehr schnell mitbekommt, wenn es Gesprächsbedarf gibt. Das kann man dann auch einfach sofort adressieren, ohne großen Prozess.
Hand aufs Herz:
Wie hoch ist bei Ihnen die Frauenquote?
Zurzeit 66 Prozent.
Und die Quote mit Blick auf die Über-45-Jährigen?
Zurzeit 25 Prozent.
Der Anteil der Unter-25-Jährigen?
Zurzeit sechs Prozent.
Wie lange bleibt bei Ihnen ein Mitarbeiter im Durchschnitt?
Das hängt stark von der Persönlichkeit ab. Manche Mitarbeiter wechseln von sich aus alle zwei Jahre jede Agentur, andere bleiben auch schon mal sieben Jahre und länger. Im Schnitt sind es bei uns drei bis vier Jahre.
Clean-Desk-Policy oder persönlicher Schreibtisch: Wie steht Ihre Agentur zu dem Thema?
Persönlicher Schreibtisch. Jeder darf sich bei uns einrichten. Gerne kreativ-chaotisch, aber sauber.
Was halten Sie von einer internen Offenlegung der Gehälter?
Wir halten nichts davon, da es für viele unserer Mitarbeiter ein sensibles Thema ist. Viele möchten nicht, dass ihre Kollegen wissen, was sie verdienen. Wir haben jedoch für jedes Skill-Level eine Gehaltsspanne, an die wir uns halten. Ebenso gibt es keine geschlechtsspezifischen Gehaltsunterschiede.
Und vom Thema Arbeitszeit-Erfassung?
Bei uns erfassen alle Mitarbeiter selbst die Zeit, die sie auf einzelnen Projekten verbracht haben. Das hilft uns bei der internen Rentabilitätskontrolle und teilweise auch bei der Abrechnung mit unseren Kunden.
Was verdient bei Ihnen ein Junior im ersten Jahr?
Das hängt vom Ausbildungs- und Erfahrungslevel des Junioren ab.