Nach Stinkefinger-Kidnapping:
#varoufake geadelt: Grimme-Direktorin verteidigt Böhmermann
"Satire darf das", sagt Grimme-Chefin Gerlach und nimmt Jan Böhmermanns #varoufake in Schutz. Auch erntet der ZDF-Moderator inzwischen Lob für seine entlarvende Aktion.
Die Direktorin des Grimme-Instituts, Frauke Gerlach, verteidigt das satirische Verwirrspiel des ZDF/ZDFneo-Moderators Jan Böhmermann um das umstrittene Varoufakis-Video. "Satire darf das", sagt Gerlach am Freitagmorgen im Deutschlandfunk. "Insofern kann ich nicht sagen, er ist zu weit gegangen." Der ZDF-Entertainer habe gezeigt, welche Möglichkeiten der Manipulation es gebe. Außerdem habe er Moderator Günther Jauch einen Spiegel vorgehalten. Böhmermann, der 2014 einen Grimme-Preis in der Kategorie Unterhaltung erhielt, hatte behauptet, er habe das Stinkefinger-Video des griechischen Finanzministers Giannis Varoufakis – von Jauch am Sonntagabend in seinem ARD-Talk eingespielt - gefälscht. Der Moderator und ZDF klärten über die Satire-Aktion im Verlauf des Donnerstags auf.
Der 34-jährige Böhmermann selbst hat in seiner Sendung "Neo Magazin Royal" am Donnerstagabend die Verwirrung über das Stinkefinger-Video voll ausgekostet. "Wenn ich gerade irgend'n geschmacklosen Scherz über Natascha Kampusch gemacht haben sollte: Das war doctored, das war ein Fake", sagte der Moderator. "Dieser Witz hat nie stattgefunden. Spulen Sie zurück, Sie werden diesen Witz nicht entdecken." Außer dem schon bekannten Clip, in dem sich Böhmermann - satirisch - als Fälscher des "Stinkefingers" rühmte, war in seiner halbstündigen Sendung am Donnerstagabend nichts Neues dazu zu sehen. "Wir erwägen künftig bei allen @neomagazin-Ausstrahlungen im TV und im ZDF den Warnhinweis ‚Vorsicht Satire! zu platzieren", hat das ZDF in verschiedenen Varianten über Twitter verbreitet.
+EIL+ Das @neomagazin ist tatsächlich eine Satiresendung. @ZDF zieht Konsequenzen und setzt Warnhinweis: #varoufake pic.twitter.com/uYWDU15w9r
— ZDFneo (@ZDFneo) March 19, 2015
Alles in allem kann die Medienbranche dem Provokateur Jan Böhmermann durchaus zu Dank verpflichtet sein: Er hat mit seinem Stinkefinger-Kidnapping viele bedenkliche Tendenzen der Branche einfach mal auf die Spitze getrieben – und so manchen zu wunderbar ehrlicher Selbstkritik. Aber er hinterlässt auch Fragen ...
War der Fake vom Fake ein Fake? Die Antwort auf #varoufake bleibt @janboehm schuldig. http://t.co/ht1SfAjacQ
— Süddeutsche Zeitung (@SZ) March 19, 2015
Der Deutsche Journalisten-Verband wurde ebenfalls wachgerüttelt: Er hat im Zusammenhang mit dem umstrittenen Varoufakis-Video übrigens alle Seiten zur Mäßigung aufgerufen. Es sei nicht Aufgabe der Medien, über mehrere Tage hinweg die Berichterstattung über die griechische Finanzkrise darauf zu fokussieren, ob der ausgestreckte Mittelfinger des Athener Finanzministers in der ARD-Sendung "Günther Jauch" authentisch gewesen sei, so der DJV-Bundesvorsitzender Michael Konken. "Darüber kann man berichten: ernst, kommentierend, satirisch. Aber mehr als ein Randaspekt des Griechenland-Themas darf die Geste von Herrn Varoufakis nicht sein."
ps/dpa