Online-Shopping:
Zu viel Marktmacht: Amazon verscherzt es sich mit den Konsumenten
Gerade jüngere Konsumenten sehen die Übermacht des Online-Marktplatzes als bedenklich an. Paradox dagegen ist, dass sie daher nicht etwa mehr im Einzelhandel einkaufen oder bei Konkurrenten.
Gefälschte Bewertungen, schlechte Arbeitsbedingungen und immer mehr Macht: Die Buhrufe für Amazon werden immer lauter. Nicht nur Verbraucherschützer kritisieren den Online-Marktplatz aus Seattle, sondern auch die Konsumenten. Das zeigt eine Studie von Statista im Auftrag des Verbraucherforums mydealz.de unter 1000 Konsumenten in Deutschland.
Der Studie zufolge halten 43,7 Prozent der Deutschen Amazons Marktmacht für bedenklich. 87,4 Prozent von ihnen kaufen daher bewusst weniger bei Amazon ein. Eine Digitalsteuer - wie es die Franzosen eingeführt haben - befürworten 67,9 Prozent der Deutschen. Konsumenten befürchten vor allem, dass andere Händler unter Amazons Marktmacht leiden und Amazon die Preise freibestimmen kann. Vor allem junge Verbraucher sehen das kritisch, dass Amazon so viele Marktanteile auf sich vereint.
Am stärksten ist der Argwohn bei Verbrauchern im Alter von 16 bis 24 Jahren: 46,2 Prozent von ihnen finden Amazons Marktmacht bedenklich und nur 39,3 Prozent unbedenklich. Und auch unter den 25 bis 34-jährigen finden sich mit 44,4 Prozent mehr Bedenkenträger gegenüber 41,7 Prozent der Verbraucher, die die Situation im Online-Handel nicht problematisch finden.
Angst vor Machtmissbrauch und Preisdiktat
Die Gründe für das Misstrauen sind eindeutig. Sieben von zehn Deutschen, die die Marktsituation im deutschen Onlinehandel negativ sehen, fürchten, dass Amazon seine starke Position missbraucht: 70,7 Prozent haben Bedenken, dass andere Online-Händler unter Amazons Marktmacht leiden, 68,2 Prozent fürchten für sich selber Nachteile und denken, Amazon könne die Preise diktieren, wenn der Wettbewerb fehlt. Das finden 68,0 Prozent auch für die Zulieferer-Industrie. Auch dass Amazon in Deutschland kaum oder keine Steuern zahlt, ist 64,5 Prozent der Verbraucher, die Amazons Marktmacht problematisch finden, ein Dorn im Auge.
Neun von zehn Verbrauchern (87,4 Prozent), die Amazons Marktmacht als problematisch empfinden, haben ihr Einkaufsverhalten bereits entsprechend angepasst. Davon profitiert der klassische Einzelhandel: Jeder dritte Verbraucher (33,9 Prozent) kauft als Reaktion auf Amazons Dominanz so viel wie möglich im klassischen Handel. Für viele Verbraucher entscheidet aber auch der Preis. Jeder Fünfte (19,9 Prozent) kauft immer dann bei anderen Händlern ein, wenn der Preis ähnlich günstig ist wie bei Amazon.
Ist Amazon für die GenZ das Synonym für Online-Handel?
Je älter Verbraucher sind desto konsequenter drehen sie Amazon den Rücken zu. Von den 90,7 Prozent im Alter über 65 Jahren, die ihr Einkaufsverhalten ändern, kaufen 43,5 Prozent so viel wie möglich im klassischen Handel ein und 14,8 Prozent so viel wie möglich bei anderen Online-Händlern. Die Jüngeren ticken da anders: Von den 16 bis 24-jährigen, die Amazons Marktmacht kritisch sehen, lassen sich zwar 77,8 Prozent in ihrem Einkaufsverhalten beeinflussen - doch nur 3,7 Prozent sucht andere Online-Shops auf, jeder Dritte (29,6 Prozent) kauft so viel möglich im klassischen Handel. Offenbar - so mutmaßt die Studie - ist für viele Millennials Amazon zum Synonym für Online-Handel geworden.
Kritik musste Amazon in den letzten Monaten gerade auch von Verbraucherschützern einstecken. Wie die britische Verbraucherschutzorganisation Which? im April enthüllte, seien 87 Prozent der Bewertungen bei Amazon nicht glaubwürdig. Die Konsequenz: Nur jeder Dritte (34,5 Prozent) vertraut den bei Amazon abrufbaren Kundenstimmen, 65,5 Prozent halten sie indes für nicht vertrauenswürdig. Die Studie zeigt auch: Verbraucher im Alter von 16 bis 24 Jahren orientieren sich besonders stark an den bei Amazon veröffentlichten Bewertungen. Jeder Achte (12,8 Prozent) von ihnen erklärte, sie trügen wesentlich zu seiner Kaufentscheidung bei.