Der Anstieg bei den Investitionen in Werbung resultiert laut ZAW auch aus dem Plus bei den Netto-Werbeeinnahmen erfassbarer Werbeträger von 0,2 Prozent auf rund 25 Mrd. Euro. Sie machten etwa 70 Prozent der Investitionen in Werbung aus.

Neue Nettosystematik

Dabei stellt der ZAW erstmals eine neue Nettosystematik für 2019 und rückwirkend für 2018 vor, die das Ziel verfolgt, die Einnahmestrukturen transparenter abzubilden, besonders hinsichtlich der Größe digitaler Werte.

Die Netto-Werbeeinnahmen belaufen sich für 2019 demnach insgesamt auf 25,02 Mrd. Euro (Vorjahr: 24,98 Mrd. Euro), was einem Plus von 0,2 Prozent entspricht. Ganz vorne liegen die Internetwerbung mit 8,99 Mrd. Euro vor Printwerbung mit insgesamt 8,38 Mrd. Euro und Fernsehen/Bewegtbild mit 5,18 Mrd. Euro.

Zuwachs über digitale Kanäle

Fünf der sieben Segmente verzeichneten Zuwächse: Internet, Fernsehen/Bewegtbild, Außenwerbung, Radio/Audio sowie Kino. Der Trend der vergangenen Jahre setzt sich fort: Immer mehr Budgets werden in die digitalen Kanäle verlegt, wenngleich die Investitionen in nichtdigitale Werbeformen bezogen auf den Gesamtmarkt und innerhalb der jeweiligen Werbeträger monetär weiterhin überwiegen. Sie stellen 63 Prozent der Netto-Werbeerlöse.

Kommerzielle Kommunikation in Deutschland 2019

Kommerzielle Kommunikation in Deutschland 2019

Die prozentualen Veränderungen belegen zugleich, dass Wachstumschancen in erster Linie – eine Ausnahme stellt das Kino dar – über digitale Erlöse realisiert werden. In-Stream-Werbung (Audio und Video) und die digitale Außenwerbung liegen dabei klar vorne, aber auch die digitalen Erlöse der Verlage sind auf Wachstumskurs. Insgesamt liegt der Anteil der digitalen Werte an der Netto-Statistik bereits bei 37 Prozent.

Monopol im Internet

Der Wettbewerb um "digitale Werbebudgets" ist, wie Marktbefragungen, Expertenbefragungen und die Auswertung von Sekundärquellen durch den ZAW belegen, bereits in einem außergewöhnlichen Maß konzentriert. Ein Großteil der Werbeeinnahmen in diesem Sektor entfällt auf wenige Log-In-Plattformen (GAFA etc.) und Intermediäre, die zentralestrategische Positionen der digitalen Wirtschaft besetzt haben und mit ihren Geschäftsmodellen prägen (Browser, Betriebssysteme, App-Stores, Intermediäre).

Sie entscheiden maßgeblich über den Datenzugang sämtlicher Marktteilnehmer in der Wertschöpfungskette und vereinnahmen hierüber den allergrößten Anteil des Wachstums im Online-Werbemarkt. Diese Entwicklung droht nach ZAW-Einschätzung zukünftig weiter beschleunigt zu werden. Der ZAW fordert deshalb einen klaren Kurs der Politik in Deutschland und auf europäischer Ebene. Und das wie folgt:

Erstens: Bei der Datenschutzregulierung dürfen die Log-in-Plattformen nicht bevorzugt werden. Es wäre in jeder Hinsicht fatal, sagt der ZAW, wenn der bestehenden Vormachtstellung der Plattformen weitere Vorteile durch den Gesetzgeber zugespielt würden.

Zweitens: Wegen der herausragenden Bedeutung datenbasierter Refinanzierungsmöglichkeiten und den besonderen ökonomischen Bedingungen digitaler Märkte sollte das Wettbewerbsrecht Behinderungen beim Zugang und der Verarbeitung werbewirtschaftlich relevanter Informationen schneller und effektiver als bislang verhindern. Die Vorschläge der GWB-Novelle gingen in die richtige Richtung, seien aber noch nachzubessern.

Corona-Jahr 2020

Die Werbewirtschaft ist von den schlechten Konjunkturdaten und den Maßnahmen gegen Covid-19 in besonderer Weise betroffen: Von den Werbeträgern, die der ZAW jährlich erfasst und ausweist, mussten zunächst zwei einen Komplettstillstand vermelden – Kino und Sponsoring. Auch der Messe-, Kongress-und Veranstaltungssektor brach nahezu komplett ein.

Die anderen Werbeträger seien bislang unterschiedlich stark von Covid-19 beeinträchtigt. Für den Monat März, mit Beginn der Schutzmaßnahmen, gab es nach ZAW-Informationen bereits Werbereduktionen zwischen 30 bis 80 Prozent je nach Werbeträger und Segment. Im April war ein Rückgang der Werbung über alle Medien hinweg von mindestens rund 40 Prozent im Vergleich zum Vorjahresmonat zu verzeichnen.

Der Stellenmarkt der Werbewirtschaft verlief in den Monaten Januar bis März weitgehend normal, brach dann aber im April aufgrund der Corona-Krise um rund 50 Prozent ein, wie die ZAW-Trendanalyse zeigt.

Angst vor der zweiten Welle

Für das Gesamtjahr 2020 geht der ZAW nun vorläufig von einem Rückgang der Werbeinvestitionen von im günstigeren Verlauf minus 10 und im weniger optimistischen Verlauf minus 20 Prozent im Vergleich zum Vorjahr aus. Vorausgesetzt, dass es keine zweite Welle gibt, die wirtschaftspolitischen Maßnahmen greifen und sich die konjunkturelle Starre – auch bei der Konsumstimmung – auflöst.

Die Stimmung in der Werbebranche ist angespannt bis schlecht, wie eine aktuelle ZAW-Blitzumfrage seiner Mitglieder zu Corona ergab. Mit dem Wert 3,1 ist er noch schlechter als zu Zeiten der Finanzkrise Anfang 2009 mit 3,3 (Skalierung von 1, "bedrohlich", bis 8, "ausgezeichnet"). 2019 hatte er noch bei 4,7 gelegen (2019/2).

Belastungs-TÜV

Um die Perspektiven der Branche zu verbessern, setzt sich der ZAW mit den Spitzenverbänden der deutschen Wirtschaft u.a. für steuerpolitische Maßnahmen zur Liquiditätssicherung der Unternehmen ein und wirbt für konjunkturpolitische Investitionen.

ZAW-Präsident Andreas Schubert mahnt überdies eine krisenadäquate Werbepolitik an: "Deutschland und Europa brauchen einen durchsetzungsstarken Belastungs-TÜV. Es muss sichergestellt sein, dass geplante Regelungen, die hemmende Wirkung entfalten, aussortiert werden. Ein solches Belastungsmoratorium wird sich auch gesamtwirtschaftlich auszahlen und als vertrauensbildendes Signal nationaler und europäischer Politik verstanden werden. Die Datenschutzregulierung in Brüssel und Berlin ist hierfür der erste Lackmustest."


Conrad Breyer, W&V
Autor: Conrad Breyer

Er kam über Umwege zur W&V. Als Allrounder sollte er nach seinem Volontoriat bei Media & Marketing einst beim Kontakter als Reporter einfach nur aushelfen, blieb dann aber und machte seinen Weg im Verlag. Conrad interessiert sich für alles, was Werber- und Marketer:innen unter den Nägeln brennt. Seine Schwerpunktthemen sind UX, Kreation, Agenturstrategie. Privat engagiert er sich für LGBTQI*-Rechte, insbesondere in der Ukraine.