Studie:
Wird Umweltschutz zum K.-o.-Kriterium beim Recruiting?
Beim Umweltbewusstsein klafft eine Lücke: Die Arbeitgeber halten sich vielfach für weiter, als ihnen ihre Mitarbeiter attestieren. Mit fatalen Folgen: Für Junge ist das Engagement ihres Arbeitgebers zunehmend wichtig.
Umweltthemen und Klimawandel drohen angesichts der Corona-Pandemie aus dem Blick zu geraten. Welchen Stellenwert hat das Klima aktuell in Unternehmen? Die Königsteiner-Gruppe ist der Frage nachgegangen. Für die Studie "Jobfaktor Klima" zur Klimaerwärmung in deutschen Büros (wobei nicht das Betriebsklima gemeint ist) hat sie mit dem Marktforschungsinstitut Respondi 3.000 Personen befragt, und das während der Hochphase des Lockdowns, im April 2020. Die Studienteilnehmerinnen und -teilnehmer stammen aus unterschiedlichen Branchen, alle befanden sich zum Zeitpunkt der Studie in einem Beschäftigungsverhältnis.
Nachhaltige Verhaltensweisen haben demnach grundsätzlich Einzug in deutsche Büros und Fabrikhallen gehalten. Hier einige Ergebnisse der Untersuchung, die je nach Perspektive zum Teil gravierende Unterschiede offenbaren:
Knapp zwei Drittel (62 Prozent) der Befragten ist die Haltung eines Arbeitgebers zu Umweltfragen sehr wichtig. Davon gehört sie für mehr als die Hälfte zu den Top-3-Anreizen auf der Suche nach einem Arbeitgeber.
Junge Arbeitnehmer sind zwiegespalten
Umgekehrt spielt das Thema aus Sicht der Mitarbeiter nur bei 30 Prozent der Arbeitgeber eine große Rolle. Immerhin 68 Prozent der grundsätzlich umweltbewussten Arbeitgeber achten jetzt schon auf nachhaltige Arbeitsbedingungen – aus Sicht ihrer Mitarbeiter. Weitere 55 Prozent legen Wert auf entsprechende Produktionsmethoden. 41 Prozent berücksichtigen bei der Wahl ihrer Partner und Dienstleister umweltbewusst agierende Unternehmen. Im Kundenkontakt verschwimmt der kritische Blick allerdings etwas – hier schauen nur 30 Prozent auf die nachhaltige Vorgehensweise ihrer Kunden, wie die Befragung ergab. Knapp die Hälfte (46 Prozent) der Geschäftsführer leben das Thema Tag für Tag aus Sicht der Mitarbeiter – die Mitarbeiterschaft aber nur zu 38 Prozent.
Vor allem junge Arbeitnehmer zwischen 18 und 29 Jahren sind indes zwiegespalten, was die Bewertung deutscher Arbeitgeber und deren Haltung zu Klimafragen betrifft. 49 Prozent attestieren den Arbeitgebern, in Sachen Klimaproblematik eher schwach aufgestellt zu sein – zwölf Prozent sehen sogar echten Nachholbedarf in dieser Hinsicht. Dagegen finden sechs Prozent, dass sie vorbildlich agieren. 45 Prozent registrieren eine tendenziell positive Grundhaltung bezüglich Umweltfragen in der deutschen Wirtschaft.
Erfolg nicht um jeden Preis
Dabei steht die Haltung zu Klimafragen bei Bewerbern und Mitarbeitern nach wie vor hoch im Kurs. Für sieben von zehn Mitarbeitern ist das Umweltbewusstsein ihres Unternehmens genauso wichtig oder wichtiger als die eigenen Aufstiegschancen. 83 Prozent gaben sogar an, dass es ihnen genauso wichtig oder wichtiger sei als der Unternehmenserfolg ihres Arbeitgebers.
Im Berufsalltag scheint die Haltung noch nicht gänzlich angekommen zu sein. Denn nur 38 Prozent geben an, dass die Belegschaft in ihrem aktuellen Unternehmen das Thema Tag für Tag vorlebt. Zum Vergleich: Immerhin 46 Prozent behaupten, dass die Geschäftsführung dies tut.
"Die Werte-Dimension im Recruiting ist durch die gegenwärtige Coronakrise etwas in den Hintergrund geraten. Unsere Studie zeigt allerdings, dass die Haltung von Arbeitgebern zum Beispiel zur Klimaproblematik nach wie vor Bedeutung für bestehende und potenzielle Mitarbeiter besitzt. Spätestens in der Post-Corona-Phase werden sich Unternehmen hier wieder positionieren müssen", kommentiert Nils Wagener, CEO der Königsteiner-Gruppe, die Studienergebnisse.
Und auch das zeigt die Studie: 59 Prozent der Bewerber wünschen sich häufigere Hinweise auf die Arbeitgeberhaltung zu Klimafragen in Stellenanzeigen oder auf Karrierewebseiten. Offenbar zu Recht: Nur neun Prozent von ihnen sind solche Hinweise bisher dort tatsächlich schon mehrfach aufgefallen.