Wiener Politik drängt Zeiler zu ORF-Kandidatur
RTL-Group-CEO Gerhard Zeiler ist gefragt: "Wenn Zeiler den Hut in den Ring wirft und kandidieren will, kann das dem ORF nur helfen", so die Stimmung in einem Teil der ORF-Gremien vor der Wahl des neuen Generaldirektors.
Sie wollen Gerhard Zeiler haben: Immer mehr Politiker in Österreich reden offen darüber, dass der amtierende RTL-Group-CEO und frühere ORF-Generalintendant mit SPÖ-Wurzeln zur Wahl des neuen ORF-Generaldirektors antreten soll.
Nahrung erhalten die Spekulationen wohl auch, weil Zeiler in den kommenden Monaten in seiner Heimat eine Handvoll öffentlicher Termine wahrnehmen wird – zuletzt am 5. Juli in Wien auf Einladung der International Advertising Association (IAA) und damit etwa einen Monat vor der Wahl des neuen ORF-Chefs am 9. August. Ungewöhnlich viele Auftritte kurz vor der ORF-Wahl, wie die Tageszeitung "Der Standard" Branchenkenner zitiert. "Es mehren sich die Hinweise, dass sich Zeiler offenbar ernsthaft mit der Idee auseinandersetzt", beschreibt Franz Medwenitsch, Leiter des ÖVP-"Freundeskreises" im ORF-Stiftungsrat, die Lage gegenüber der Nachrichtenagentur "APA". Er fügt hinzu: "Es sagen alle Experten, dass Zeiler der beste Kandidat wäre."
Die "APA" hat auch bei der konkurrienden SPÖ nachgehakt, die die Zeiler-Spekulationen vollkommen anders deutet. "Manche Namen werden bewusst lanciert, um dem amtierenden Generaldirektor zu schaden. Ich kommentiere das daher nicht und kann nur betonen, dass mit Alexander Wrabetz ein hervorragender Kandidat zur Wahl antritt", so SPÖ-Stiftungsrat und "Freundeskreis"-Leiter Niko Pelinka. Der Favorit und amtierende ORF-Generaldirektor Alexander Wrabetz hat sein erneutes Antreten bereits angekündigt. Wrabetz genießt die Rückendeckung der SPÖ, er gilt derzeit als Favorit. Der unabhängige Stiftungsrat Franz Küberl heißt gegenüber der "APA" eine Kandidatur Zeilers gut: "Wenn Zeiler den Hut in den Ring wirft und kandidieren will, kann das dem ORF nur helfen. Das würde die Qualität der Debatte um die Zukunft des ORF anheben."
Dem ORF muss geholfen werden – Bedeutung, Quote und Werbeerlöse schwinden kontinuierlich. Kein Wunder, dass die Gremien des öffentlich-rechtlichen ORF auf Zeiler schielen – wenn er auch einst im Unreinen mit der Politik beim Sender ausgestiegen ist. Ihm ist einst die Einmischung der Politik zu viel geworden. Heute steht Gerhard Zeiler erfolgreicher denn je da – mit einem Rekord-Gewinn der RTL Group für 2010 in Höhe von 1,1 Milliarden Euro, mit dem renommierten Titel der Natpe als "Mr. TV Europe" und einem Vertrag über weitere vier Jahre in der Tasche, der offenbar erst Ende April von der Hauptversammlung bestätigt worden ist. Und was sagt das Büro Zeiler selbst zu den Überlegungen in der Alpenrepublik? Spekulationen würden nicht kommentiert, betont dort ein Sprecher.