Bleiben werden die klar definierten Kerngeschäftsfelder. Hierunter fallen die Werbezeitenvermarktung, Programmvertrieb und Merchandising sowie eine Reihe von Dienstleistungen wie Barrierefreie Medien und solche, die unsere 100-prozentige Tochter, die WDRmg digital erbringt. Beispielsweise der Betrieb des Rechenzentrums und der Arbeitsplatz-Support für den WDR zählen hierzu.

Wo werden die meisten Stellen gestrichen? Was bemerkt der Kunde der WDRmg?

Frank Nielebock: Gestartet haben wir den Prozess bei uns: Wir haben mit der Reduzierung der Geschäftsleitungsebene begonnen und auf eine Doppelgeschäftsführung umgestellt. In diesem Zusammenhang haben uns drei Führungskräfte verlassen.

Den Blick auf das gesamte Unternehmen gerichtet, entfallen aber durch die Schließung des Call-Centers für die Wellen 1Live, WDR 2 und WDR 4 zum Jahresende die meisten Mitarbeiter. Der WDR hat die Leistungen ausgeschrieben und wird einen ebenso qualifizierten Anbieter beauftragen, sodass wir nicht glauben, dass der Kunde eine große Veränderung bemerkt.

Darüber hinaus sind wir dabei, in erheblichem Umfang in den Overhead-Bereichen zu reduzieren und Leistungen teilweise an externe Anbieter auszulagern. Insgesamt betrachtet sehr kundenorientierte Lösungen.

Es ist naturgemäß bitter, dass ein gewachsenes Unternehmen wie die WDRmg so vielen Mitarbeitern kündigen muss. Wie wirkt sich der massive Einschnitt auf die Unternehmenskultur aus?

Michael Loeb: Das war für viele ein Schock, denn mit einem solch tiefen Einschnitt konnte niemand rechnen. Natürlich hat sich das auch auf die interne Stimmung niedergeschlagen. Wir sind gerade dabei, auf Basis einer neuen Strategie eine neue Unternehmenskultur zu schaffen, die auf Klarheit und Vertrauen basiert. Jede Kollegin und jeder Kollege in der WDRmg soll wissen, dass ihr/sein Beitrag zum Erreichen unserer Ziele wichtig ist.

Die neue Unternehmenskultur muss aber auch stärker von Markt- und Ergebnisorientierung geprägt sein. Das heißt: Die trügerische Gewissheit, dass alle Arbeitsplätze 100-prozentig sicher sind, kann es bei uns nicht geben. Eine gewisse Unsicherheit bezogen auf die Erfordernisse der Marktentwicklung wird zum Normalzustand werden müssen, weil dies eben überall draußen so ist.

Gibt es auch Bereiche, die aufgewertet und/oder mit neuen Funktionen versehen werden?

Frank Nielebock: Ja, auch das gibt es in einem solch umfangreichen Veränderungsprozess. Natürlich werden manche Bereiche durch Zusammenlegungen größer und Funktionen verändern sich. Teilweise geht das auch einher mit größerer Verantwortung und der Weiterentwicklung von Aufgaben. Allerdings stört mich der Ausdruck "Aufwertung" an dieser Stelle, denn es geht hier nicht um Hierarchien, sondern vor allem um die Zukunftsfähigkeit des Unternehmens.

Die Neuausrichtung geht darauf zurück, dass wir durch eine Verschlankung von Strukturen und Abläufen schlagkräftiger auf Marktveränderungen und Kundenwünsche reagieren können. Das können auch interne Kundenwünsche sein!

Ein Stellenabbau in diesem Umfang ist eine Premiere im Reich der vom Rundfunkbeitrag gestützten ARD. Müssen auch andere Anstalten und Werbetöchter mit derlei Rotstiftaktionen rechnen – und könnten sich Betroffene am Weg der WDRmg orientieren?

Michael Loeb: Die Strukturoptimierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks ist momentan ein großes Thema, das breit diskutiert wird. In Abstimmung mit dem WDR haben wir uns schon 2015 damit beschäftigt, die WDRmg strukturell neu aufzustellen. Durch die von der damaligen rot-grünen Landesregierung induzierte Werbereduzierung mussten wir früher handeln und wurden quasi in die erste Reihe geschubst.

Tatsächlich sind wir nun die ersten, die Arbeitsplätze auf der Basis von Interessenausgleich und Sozialplan abgebaut haben. Ob sich andere an uns orientieren können, hängt auch von der tarifvertraglichen Situation ab. Wir hatten uns bereits 2001 vom Tarifvertrag des WDR gelöst, was uns letztendlich einen größeren Spielraum eingeräumt hat.

Frank Nielebock: Die WDRmg ist nicht vom Rundfunkbeitrag geschützt. Wir erwirtschaften unsere Ergebnisse am Markt und unsere Ausschüttungen werden für unseren Gesellschafter immer wichtiger. Der Druck auf das System insgesamt, aber auch auf andere Werbegesellschaften wird in den kommenden Jahren wohl eher zu- als abnehmen.


Autor: Petra Schwegler

Die @Schweglerin der W&V. Schreibt seit mehr als 20 Jahren in Print und Online über Medien - inzwischen auch jede Menge über Digitales. Lebt im Mangfalltal, arbeitet in München.