
Zensierte Plakat-Kampagne:
Wie Wien Tourismus mit zensierter Kunst wirbt
100 Jahre alt. Und noch immer zu gewagt? Wie Deutschland und Großbritannien Akt-Gemälde einer Kampagne von Wien Tourismus zensieren.

Foto: Leopold Museum, Wien
„Wien Touristik hat das Beste aus der Situation gemacht. ”
Nacktheit begegnet uns im Jahr 2017 überall. Man könnte meinen, die Zeit der Verklemmtheit gegenüber nackter Haut sei vorbei. Aber dem ist nicht so. Das musste jetzt das Touristikbüro der Stadt Wien feststellen: Das wollte nämlich in einer internationalen Kampagne 100 Jahre alte Akt-Kunst plakatieren.
Aber die Städte machten ihnen einen Strich durch die Rechnung. Denn die zensierten die heikelsten Stellen der nackten Körper auf den Gemälden. Auch in London, Hamburg oder Köln.
Zum 100. Todesjahr der Künstler Schiele, Moser, Wagner und Klimt hat Wien Tourismus in Deutschland und Großbritannien eine Plakat-Aktion gestartet, bei der Akt-Darstellungen von Egon Schiele unzensiert aufgehängt werden sollten, um für 2018 zu werben. Doch die Werbestellenvermarkter beider Länder lehnten die Werke im Original aufgrund der Vorschriften zur Sittlichkeit im öffentlichen Raum ab. Nur in zensierter Form durften sie aufgehängt werden.
"Das zeigt, dass die Werke selbst 100 Jahre später immer noch als gewagt empfunden werden", erklärt Wiens Tourismusdirektor Norbert Kettner. "Damit unterstreichen wir unsere Kernbotschaft: Die Protagonisten von damals waren ihrer Zeit voraus. So weit, dass selbst heute noch über sie diskutiert wird."
Im Internet sieht es nicht anders aus: Auch in sozialen Netzwerken und klassischen Onlinemedien wurden die Motive ebenfalls zensiert. Eine clevere Kampagne, die gerade wegen der Zensur für Aufmerksamkeit und Diskussionsstoff sorgt.