
Neue Markenstrategie:
Wie Opel mit McCann wieder an Relevanz gewinnen will
Sie ist neu, sie ist anders. Die Opel-Kampagne von Velocity McCann bricht mit den Klischees von Autowerbung, stellt stattdessen die Menschen in den Mittelpunkt. Die Botschaft: Wir haben verstanden!

Foto: Opel, McCann Worldgroup
Auf eine Art wirkt die neue Kampagne aus Rüsselsheim fast schon politisch. Da kurven Menschen von Tromsø bis Baden-Baden, von Rotterdam bis Budapest in ihrem Opel Corsa, Astra und Crossland X durch die Straßen ihrer Stadt, parken ein, freuen sich, dazu läuft die Europa-Hymne.
Und aus dem Off heißt es: "Danke Europa für deine unzähligen Abkürzungen, für deine dunklen Tage, für deine holprigen Straßen, für jeden klitzekleinen Parkplatz. Du bringst uns dazu, großartige Autos für alle zu entwerfen. Opel. Geboren in Deutschland, gebaut für uns alle."
Als ob das alles zusammengehörte und sie alle die Sorge um den nächsten Parkplatz, den schnellsten Weg nach Hause mehr kümmerte als all die Verwerfungen, die unsere Nationen in Europa derzeit sonst beschäftigen. Hier nochmal der Film:
Ein bisschen sei das schon so, sagt Sebastian Hardieck, Kreativchef der McCann Worldgroup in Deutschland. Von ihm und dem Pitchteam, das im Oktober den Etat von Scholz & Friends und Heimat zurückgewann, stammt die Opel-Kreation, die einen ersten Einblick in die künftige Kommunikation des Autobauers geben soll. Und so als taktische Kampagne für die Sondermodelle zum 120-jährigen Markenjubiläum auch schon ein Stück weit Markenkommunikation ist.
"Wir haben uns gefragt, was Europa wohl an den Deutschen schätzt", sagt Hardieck. Die McCann-Strategen fanden dann heraus, dass es gerade die Liebe zu Europa ist, die unsere Nachbarn mit uns assoziieren, der "Blick über den Tellerrand", "dass Deutsche gerne Probleme lösen" - wie eben auch die Ingenieure von Opel.
Auf die Straßen geschaut
Die hätten sich die Alltagssorgen der Autofahrer in ganz Europa einmal genauer betrachtet und festgestellt: "So viel trennt uns gar nicht von Moldau bis Frankreich", sagt Hardieck. Der eine brauche Hilfe beim Einparken in Baden-Baden, Licht in den Polarnächten von Tromsø, der andere suche einen Schleichweg durchs verstopfte Zentrum von Rotterdam, fährt trotz holpriger Straßen mit einem gesunden Rücken durch Budapest. Dafür bietet Opel Lösungen wie die Rückfahrkamera, LED, ein Navigationssystem und gute Sitze.
Oder mit Blick auf das, was 2019 noch im Marketing ansteht: Der eine kann sich vielleicht einen Opel nicht gleich leisten und benötigt ein Finanzierungsangebot, der andere will vielleicht gar kein eigenes Auto, sondern möchte im Carsharing einen Wagen teilen. Opel liefert.
Entsprechend lautet der neue Slogan der Marke auch: "Geboren in Deutschland, gebaut für uns alle." Das Ziel ist: Relevanz. Opel will zur großen Mainstream-Marke aus Deutschland für Europa werden.
Damit setzt sich Opel bewusst von gängiger Autowerbung ab. Keine Pionierleistung zwar: Volvo, Mercedes und VW tun das seit Langem, aber hier fahren sie eine Kommunikationslinie, die über mehrere Jahre tragen soll. Kein Sportwagen, der präzise die Big Sur entlang schnurrt, keine Limousine, die vor dem Guggenheim-Museum in Bilbao posiert.
McCann zieht einen Schlussstrich unter die Ära der Vorgängeragenturen, die vor allem versucht haben, die alten Vorurteile abzubauen, die die Verbraucher gegenüber der Marke Opel pflegten ("Umparken im Kopf" etc.). Gebracht hat es wenig, erst nach dem Verkauf von General Motors an PSA schrieb Opel wieder schwarze Zahlen. Das aber lag am Sparkurs der neuen Eigentümer, nicht an der Werbung.
Zur Erinnerung hier der Spot mit Fußballtrainer Jürgen Klopp von 2014:
Jetzt will Opel auf Dauer Themen besetzen, die die Menschen in Europa bewegen. Im Januar schon sollen im Anschluss an die Auftaktkampagne weitere in sich geschlossene Geschichten kommen.
Nach und nach will das Unternehmen so 2018/2019 seine alte Bedeutung zurückgewinnen, einfach, weil Opel im Alltag der Leute wieder eine Rolle spielen könnte. Und "deutsch, nahbar und begeisternd" sein, wie es die Positionierung laut Tobias Gubitz, Director International Brand Marketing & Strategy Opel/Vauxhall, vorgibt.
Die Kampagne läuft im Fernsehen, in Kino, Print, Out of Home, am PoS sowie auf Social-Media-Plattformen wie Facebook und Instagram, die direkt auf den Konfigurator oder zum Opel Händler verweisen. Dort lassen sich acht "120 Jahre Sondermodelle" zusammenstellen: von den Kleinwagen Adam, Karl und Corsa über das Volumenmodell Astra, die sportlichen Modelle Crossland X, Mokka X und Grandland X bis zum Kompakt-Van Zafira und Opels Flaggschiff Insignia.
Customized und international - Velocity McCann
Die Kommunikation für 28 europäische Märkte kommt ab 2019 dann vollständig von Velocity McCann. Die Firma gründet McCann eigens für Opel. Hauptsitz ist Frankfurt.
Die Beschäftigen, 100 Leute sollen es werden, arbeiten von Frankfurt, Düsseldorf und Berlin aus, aber auch in den lokalen Märkten der Gruppe von Spanien bis Rumänien. Sie liefern Consumer Insights für die Strategie, adpatieren vor Ort und aktivieren auch. Die eine Hälfte der Mitarbeiter ist schon da, die andere stellen sie gerade ein.
"Das ist sicher die erste europäische Customized Agency, die aus Deutschland heraus geführt wird", sagt Ruber Iglesias, CEO der McCann Worldgroup in Frankfurt. Er ist sehr stolz auf das Geleistete, hat er doch Opel nach acht Jahren Pause wieder zurück in die Agentur geführt, die davon schon viele Jahrzehnte für den Autobauer aus Rüsselsheim gewirkt hat.
Velocity bekommt im Januar noch einen Managing Director, der die Agentur leitet. Chefbetreuung sei bei einem solch komplexen Kunden aber sehr wichtig, sagt Iglesias, weshalb er zusammen mit Kreativchef Hardieck und Strategiechefin Alison Segar eng ins operative Tagesgeschäft der Neugründung eingebunden bleiben wird.