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Samplings:
Werbung zum Anfassen - so funktioniert das Verkaufen über Produktproben
Samplings zahlen sich aus: Der Kunde kann bequem testen - und der Handel profitiert von der Tatsache, dass Anfassbares die Kundenbindung steigert.

Foto: iStock
Die Konsumenten mögen den Einkaufsbummel im Netz. Dem Online-Monitor 2019 des Handelsverbandes Deutschland (HDE) zufolge wird fast ein Drittel der Einkäufe von Elektrogeräten (31 Prozent) und mehr als ein Viertel aller Modeeinkäufe (27,7 Prozent) online erledigt. Viele Online-Pure-Player wie Flaconi, Zalando oder Casper eröffnen aber auch Showrooms und sogar erste feste Läden. Sie haben erkannt: Wenn sie sich anfassbar und erlebbar zu machen, dann steigern sie die Bindung zu ihren Kunden. Weiterer Bonus: In der persönlichen Interaktion können weitere Artikel angeboten werden.
Das Cross- und Upselling übers Angucken und Anfassen gelingt auch mit Samplings: Mit ihnen können Händler die Erlebnislücke kitten, die im boomenden E-Commerce entsteht. Sendungen mit schon bestellten Waren, die zu den Kunden ins Haus kommen, ein paar Proben beizulegen ist eine Strategie, die zum Beispiel auch Parfum-Händler Flaconi verfolgt. In Kosmetik- und Duft-Samplings sieht CCO Thomas Faschian "ideale Tools, um Kunden neue Produkte vorzustellen und ihnen gleichzeitig die Möglichkeit zu geben, diese direkt auszuprobieren". Damit hat der Manager gute Erfahrungen gemacht. "Die Wahrscheinlichkeit, dass ein Kunde ein Produkt bestellt, das er bereits kennt oder ausprobiert hat und mit dem er gute Erfahrungen gemacht hat, ist natürlich größer." Die Probe wird vom Kunden aber auch als kleines Geschenk geschätzt. Für Faschian gehört es daher mittlerweile zum „Unpacking“-Erlebnis des Kunden dazu.
Was man selbst bestellt, wirkt glaubwürdiger
Eine ähnliche Strategie verfolgt Just Spices. Jeder Bestellung ist ein Flyer mit einer Auswahl von Produktproben verschiedener Gewürze beigelegt. Der Kunde kann zuhause seine nächsten Probiergrößen bestellen - die dann häufig in den Kauf eines vollwertigen Produkts münden. Das ist nachvollziehbar: Alles, was man selbst erfährt, hat einen höheren Stellenwert als bloße Werbeversprechen. Das hat auch Aida Cruises getestet: An Reisende, die mit dem Schiff unterwegs gewesen waren, verschickte der Kreuzfahrtanbieter Post mit der Botschaft "Kommen Sie bald wieder an Bord!" Mit im Kuvert: Eine Mini-Variante der Frottee-Handtücher, die die Kreuzfahrer von ihrem Schiff her kannten, und die nach Sonnenmilch duftete. Die Ansprache der Sinne zahlte sich aus: Der Werbebrief mit der schönen Erinnerung erzielte im Vergleich mit dem ohne traditionellen Anschreiben 41 Prozent mehr Reisebuchungen.
Anfassen und besitzen steigert den Wert
Das Sampling wie bei Aida bildet damit ein sinnliches Erleben, das im E-Commerce fehlt. Die direkte Verbindung zwischen Produkt und Konsument kann über Warenproben per Brief geschlossen werden. Auch Dirk Görtz, Vice President Dialogmarketing & Presse bei der Deutschen Post, geht davon aus, dass solche per Post versandten Produkt-Samples in Zukunft erheblich zunehmen werden – ein Trend der sich jetzt schon deutlich abzeichnet. Denn: Was wir anfassen können, schätzen wir mehr. Auch im Online-Handel. Produktproben bilden einen wichtigen Kauf-Anreiz – und Hersteller und Händler nutzen zunehmend die Möglichkeit, Verbraucher durch Warenproben per Post anzusprechen.
Dahinter steht der so genannte Besitztums- oder Endowmenteffekt von Richard Thaler, Professor an der Universität Chicago. Dieser besagt: Wenn ein Konsument ein Produkt besitzt, ist es für ihn wertvoller, als wenn wir es nur sieht. Das gilt schon für Produkte, die er einfach nur in der Hand hatte.
Sinkende Retourenquoten
Ein Effekt, den sich jetzt auch Flaconi zunutze machen möchte. Vor kurzem hat der Online-Händler die Aktion "Try Me First" gelauncht. Der Gedanke dahinter: Während Kunden dort Parfums, Make-up und Pflege testen können, ist das Online normalerweise nicht möglich. Mit der Aktion will Flaconi die Lücke zum Handel schließen. Bei Try Me First gibt es zu jeder Bestellung zum Produkt in Originalgröße eine Gratisprobe on top. Je nachdem ob der Kunde von der Probe überzeugt ist, kann er das Produkt in Originalgröße behalten oder kostenfrei an Flaconi zurückschicken. Der Kunde erhält damit die Möglichkeit, seine bestellten Produkten vorher zu Hause zu testen. Das Resultat: "Mit Try Me First konnten wir einen großen Sales-Uplift erzielen und das Volumen retournierter Produkte reduzieren", sagt Faschian.
Über die Sampling-Strategie sieht sich der Flaconi-Manager auf Augenhöhe mit dem Handel, wo sich die Produkte ausprobieren lassen. Und sogar noch einen kleinen Schritt voraus: "Im Gegensatz zum Offline-Kauf in der Filiale, bei dem der Kunde durch umfangreiches Merchandising und die große Auswahl an Produkten oftmals überfordert wird, kann er über Samplings neue Marken und Produkte entdecken, die er sonst vielleicht übersehen hätte", sagt er. Hinzu kommt, dass der Kunde beim Testen zu Hause in Ruhe überlegen kann - ganz unbehelligt vom Einfluss des Verkaufspersonals. Und seine Kaufentscheidung mit viel Zeit in den eigenen vier Wänden treffen.