
Arbeitsrecht:
Werbung auf Firmenwagen: Das Urteil im "Puffauto"-Prozess
Der Mitarbeiter eines Kaffeevertriebs weigert sich einen Firmenwagen zu fahren, weil er die Werbeaufkleber anstößig findet. Seine fristlose Kündigung ist unwirksam, urteilt nun ein Gericht. Gehen muss er trotzdem.
Wer im Vertrieb arbeitet und ein Firmenauto nutzt, muss wohl damit leben, wenn das Dekor peinlich ist oder seinen persönlichen Geschmack nicht trifft. Das Arbeitsgericht Mönchengladbach hat am Mittwoch über den Fall eines Verkaufsreisenden verhandelt, der sich weigerte, ein Fahrzeug zu fahren, das mit anzüglicher Werbung beklebt ist. Dem Mann, der seit fast 20 Jahren für den Kaffeevertrieb arbeitet, wurde daraufhin fristlos gekündigt. Dagegen reichte der 49-Jährige Klage ein.
Auf dem beklebten Lieferwagen sind nackte, aus Kaffeebohnen herausragende Frauenbeine mit halb ausgezogenen roten Pumps zu sehen. Widerwillig fuhr der Mann das Fahrzeug zunächst, obwohl er das Motiv anstößig fand. Als dann aber auch noch die grauen gegen rote Radkappen ausgetauscht wurden, reichte es ihm. Im Streitgespräch mit dem Chef sagte der Kläger laut Spiegel Online wörtlich: "Mit so einem Puffauto fahre ich nicht." Daraufhin wurde er fristlos gefeuert.
So präsentiert sein Arbeitgeber das Fahrzeug auf Facebook:
Die 2. Kammer des Arbeitsgerichts Mönchengladbach entschied nun: Die außerordentliche, verhaltensbedingte Kündigung ist unwirksam, denn das Unternehmen hätte den Mitarbeiter zuvor abmahnen und ein Fehlverhalten signalisieren müssen. Das Gericht entschied aber auch: Die ordentliche Kündigung zum Jahresende ist wirksam. Der 49-Jährige bezieht noch bis Ende Dezember sein Gehalt.
"Nach Auffassung des Gerichts hat der Arbeitgeber grundsätzlich im Rahmen seines Direktionsrechts die Möglichkeit, einem Arbeitnehmer ein nach seinen Vorstellungen gestaltetes Fahrzeug zuzuweisen", heißt es in der Pressemitteilung des Gerichts. Die außerordentliche Kündigung sei trotzdem unverhältnismäßig gewesen, da es vorher keine Warnung gab und der Kläger viele Jahre ohne Beanstandung für die Firma gearbeitet hatte.
Der Kleinbetrieb darf ihm jedoch ordentlich bis Ende des Jahres kündigen, denn da er nur zehn Mitarbeiter beschäftige, finde das Kündigungsschutzgesetz keine Anwendung. Keinen Hinweis fand das Gericht auf einen Verstoß gegen das Gleichbehandlungsgesetz. Der Kläger hatte sich wegen seiner Homosexualität benachteiligt gefühlt. Denn nur er habe das auffällige Firmenauto fahren müssen.
In dem umstrittenen Firmenwagen sitzt mittlerweile ein neuer Mitarbeiter, der auf der Facebook-Seite der Firma vorgestellt wird. Dort präsentiert das Unternehmen auch neue Firmenwagen - mit deutlich dezenteren Aufklebern. Gegen viele hämische Kommentare hilft das jedoch nicht mehr. Immerhin lädt das Unternehmen seine User offen zu einer Diskussion ein: "Ist unsere Werbung sexistisch?" fragt es in einem früheren Post. Ja, finden inzwischen die meisten. Und kritisieren den rüden Umgang mit dem gekündigten Mitarbeiter. Gute Werbung sieht wohl anders aus.