Personal Branding:
Wer als Chef auf Social Media verzichtet, ist fahrlässig
Kein C-Level kann es sich leisten, in Social Media auf stumm zu schalten, meint PR-Expertin Uta Schwaner. Warum das auch zur Nachwuchspflege notwendig ist und was die beste Strategie ist.
Kommunikationsabteilungen investieren viel Zeit und Geld in den Aufbau und die Pflege der Unternehmensmarke. C-Level- Positionierung ist dabei eine essenzielle Säule – das Top-Management in den Medien sowie auf Messen und Konferenzen als Sprecher zu positionieren, ist in der Kommunikationsarbeit als Standard gesetzt. Denn Manager repräsentieren nach außen wie nach innen die Unternehmensmarke.
Allen voran der CEO – sie oder er ist der wichtigste Botschafter seines Unternehmens. Aber auch CFO oder COO müssen Profil zeigen. Glaubwürdig und wirkungsvoll soll das C-Level zu relevanten Themen Stellung beziehen und Vertrauen in das Unternehmen aufbauen.
Offensichtlich gelingt dies aber nicht: Aktuell ist, laut der Studie "Trust in Communicators" der Uni Leipzig, das Vertrauen in Vorstände und andere Top-Manager in Deutschland besonders gering (9 Prozent). Annähernd jeder zweite Bundesbürger (47 Prozent) misstraut ihnen.
Umso erstaunlicher ist es, dass ein wichtiger Kommunikations- und Dialogkanal nicht in dem Maße genutzt wird, wie es sinnhaft wäre. Gerade einmal 37 Prozent der Vorstandsvorsitzenden von DAX-Unternehmen haben und nutzen laut der Strategieberatung Oliver Wyman ein Konto bei Twitter, Linkedin oder Xing. Für die Unternehmenskommunikation bedeutet dies vor allem eins: vertane Chancen!
Warum? Es ist einfach fahrlässig, gerade beim Thema C-Level-Positionierung, den Schwerpunkt auf klassische Medien zu legen. Denn im Dialog lässt sich Vertrauen viel wirkungsvoller aufbauen und Meinung und Haltung aktuell und zielgerichtet kommunizieren. Zielgerichtet heißt auch, Zielgruppen über die Kanäle anzusprechen, die die Zielgruppe nutzen. Und da führt, egal ob B2C- oder B2B-Unternehmen kein Weg an sozialen Medien vorbei. Unternehmenslenker sollten sich mit einer klaren Haltung über Linkedin und Twitter in Diskussionen einmischen und so die Position des Unternehmens, auch unabhängig von den meinungsbildenden Medien, deutlich machen.
Menschen vertrauen Menschen
65 Prozent aller US-Angestellten erwarten laut einer Brunswick-Studie, dass sich die Führungsebene zu ihren Plänen und Visionen äußert. Es ist Haltung gefragt: Gemäß einer Brandfog-Studie ist es Arbeitnehmern wichtig, dass ihre Führungskräfte gegen sexuelle Belästigung, gegen ungerechte Bezahlung und gegen Rassendiskriminierung eine Haltung einnehmen. Neue Talente, Mitarbeiter und andere Stakeholder verlangen einen starken Auftritt der Führungsriege im Social Web.
Vertrauensvoll und möglichst nahbar.
Bei Plattformen wie Glassdoor fließt der Ruf des CEO in die Bewertung von Unternehmen mit ein. Wer künftig die besten Mitarbeiter gewinnen will, sollte als CEO im Social Web also mit seiner Haltung und seinen Visionen nicht hinterm Berg halten. Menschen vertrauen Menschen und kaufen von Menschen – für den Vertrieb ist eine Plattform wie LinkedIn längst ein Must-have, nicht nur um Kontakt aufzubauen, sondern auch um Thought-Leadership zu zeigen. Und last, but not least: Nur wer sich in guten Zeiten als Experte und kompetenter Unternehmenslenker positioniert und sich zum Corporate Influencer aufbaut, kann auch in Krisenfällen schnell und glaubwürdig kommunizieren.
Wenig ist besser, als gar nichts zu tun
Gefragt sind heute Top-Manager, die klug, mutig und vor allem gut beraten sind. Um ihnen die Scheu vorm Social Web zu nehmen, braucht es eine nachhaltige Kommunikationsstrategie und ein vertrauensvolles Verhältnis zum verantwortlichen Social-Media-Manager. Gemeinsam mit dem CEO wird der richtige Mix aus Unternehmensstories und Themen, die der CEO besetzen möchte, entwickelt. Immer ganz nah an seiner Persönlichkeit.
Nicht jeder muss gleich ein Dieter Zetsche sein, der extrem sichtbar auf Twitter und Linkedin war und ist, oder ein John Legere – der CEO von T-Mobile USA, der dank hoher Tweet-Taktung und einem sehr persönlichen Blick rund 6,5 Millionen Follower auf Twitter hat. Für den Anfang reichen wenige, passgenaue Posts. Die Hauptsache ist, dass sie in gewisser Regelmäßigkeit erfolgen. Und wie so oft kommt der Appetit beim Essen. "Lieblingskanäle" von CEOs sind Linkedin und Twitter. Twitter, als schneller Kanal, hat eher News- Charakter, während LinkedIn sich besser für ausführlichere Positionierung sowie das Besetzen von Themen eignet.
Zur Autorin: Uta Schwaner ist Deutschland-Chefin der PR-Agentur Golin.