Musiksponsoring :
Wenn die Königin raven geht
Im schwächelnden Biermarkt suchen Brauereiunternehmen nach neuen Marketingstrategien. Warsteiner setzt dabei auf Festivalsponsoring. Die einstige "Königin unter den Bieren" ist zum Beispiel auf kleinen Elektrofestivals unterwegs.
Es sind trübe Zeiten für den deutschen Biermarkt: Noch 1980 lag der Pro-Kopf-Verbrauch von Bier in Deutschland bei rund 146 Litern. 2016 nur wenig mehr als 104 Liter, so Statista. Die Deutschen leben gesünder, Alkoholverzicht gehört dazu. Wenn schon Alkohol, dann Spezialitäten wie Craft Beer, Gins oder Whiskys, so das Credo. Der bodenständige, altbekannte Pilsgeschmack passt dazu nicht so recht.
Und obwohl weniger Bier in Deutschland getrunken wird, wächst die Zahl der deutschen Braustätten, auch durch die Craft-Beer-Welle. Währenddessen verkauft der Handel Pils zu Billigpreisen; wer nichts unternimmt, riskiert eine Verwässerung der Marken.
Fünfzehn Prozent mehr Budget für Werbung
Diese Entwicklung bekommt auch die Warsteiner Gruppe zu spüren. Bei der Dachmarke schrumpfte der Absatz 2015 um 7,4 Prozent, 2016 um 3,8 Prozent. Im Statista-Ranking der beliebtesten Biermarken nach Konsum verweilt Warsteiner hinter Becks und Krombacher auf Platz drei. Nicht schlecht, aber eben ausbaufähig. Deswegen hat das Unternehmen nachjustiert. Schon im vergangenen Jahr investierte die Sauerländer Brauerei ins Marketing, entwarf ein neues Markendesign und heuerte Jürgen Klopp als Testimonial für die Alkoholfrei-Range an. Mit Erfolg, in dem Bereich konnte das Unternehmen um acht Prozent wachsen.
Aber das reicht noch nicht. Gut, dass Marketingchef Martin Hötzel in diesem Jahr nochmal 15 Prozent mehr ausgeben kann. So startete im Februar die Dachmarkenkampagne "Auf das Wir und Jetzt", im Mai "auf ein Wir", die zweite, integrierte Kampagne mit Jürgen Klopp.
Aber wofür soll die Marke künftig stehen? Die einstige "Königin unter den Bieren" muss sich um ihren Hofstaat sorgen. Volksnaher werden. Nahbarer. Emotionaler. "Früher war in unserer Werbung ausschließlich das Produkt zu sehen. Heute stellen wir den gemeinschaftlichen Genuss und den Konsumenten in den Vordergrund" formuliert es Hötzel. Und: "Die Warsteiner Brauerei möchte Menschen miteinander verbinden, sie einladen, gemeinsam Zeit zu verbringen." Zum Beispiel auf einem Rave.
Zum Beispiel auf den 40 von Warsteiner gesponsorten Festivals oder der Plattform "Musikdurstig". Die Musik soll vor allem junge Kunden für die Marken begeistern; dabei gibt sich das Traditionshaus einen unerwartet subkulturellen Anstrich, tritt nicht nur auf den großen Festivals, sondern bewusst auf kleineren, nischigen Events auf. Mehr als 1,5 Millionen Menschen, so Hötzel, erreicht die Brauereigruppe vor Ort. Vier TV-Spots sowie Online- und Social-Media-Maßnahmen sollen in diesem Jahr zusätzliche Reichweite schaffen.
Die Königin wird volksnah
Ein Beispiel ist das Parookaville-Festival. Motto: "Liebe, Wahnsinn und pure Glückseligkeit." Dort gibt es sogar eine echte Hochzeit. In diesem Jahr geben sich die beiden Mittzwanziger Julia und Oliver aus Velbert das "Ja"-Wort. Die Hochzeit wurde am Samstag live über Facebook.com/Musikdurstig übertragen. Trauzeuge war Phil Fuldner, DJ und Musikproduzent.
"Unser Ziel ist mehr als nur Ausschankpartner zu sein. Wir möchten außergewöhnliche Festival-Erlebnisse schaffen. Die Hochzeit auf dem Parookaville ist dafür nur ein Beispiel. Ein weiteres ist unsere Nachwuchs-Förderung. Ich denke, damit differenzieren wir uns von unserem Wettbewerb", sagt Hötzel.
Der normale Pilstrinker, Freund des Feierabend- und Fernsehbieres, wird sich dafür nicht interessieren. Und könnte, als loyaler Stammkunden, durch diese Markenspreizung verunsichern werden. Der Warsteiner-Marketingchef Hötzel sieht diese Gefahr nicht. Entscheidend sei das Gemeinschaftsgefühl, sagte er. Ob mit Jürgen Klopp an der Bar oder den Freunden beim Festival - das macht dann keinen Unterschied mehr. Ob das funktioniert, wird sich aber noch zeigen.
Noch mehr über erfolgreiches Festivalsponsoring lesen Sie in der W&V 30 auf Seite 34.