
Streit um Sendelizenzen:
Webvideopreis-Macher attackieren die Landesmedienanstalten
Der aktuelle Rundfunkstaatsvertrag ist nicht für eine Welt voller Streamer gedacht. Die Webvideopreis-Initiatoren haben deshalb einen Forderungskatalog an die Landesmedienanstalten erstellt.

Foto: Christof Wolff, EWVA
In den Streit um Rundfunklizenzen für Streamer mischen sich jetzt die Macher des Webvideopreises ein. In einem offenen Brief werfen Markus Hündgen und Dimitrios Agirakos den Landesmedienanstalten unter anderem vor, dass das Verfahren zu bürokratisch sei. Die Diskussion bekam neuen Anschub, als der Twitch-Kanal des Angebots PietSmietTV als zulassungspflichtiges Rundfunkangebot eingestuft wurde.
Der offene Brief im Wortlaut:
Jeder Mensch hat das Recht, sein Publikum zu finden!
Für dieses Recht steht die European Web Video Academy seit 2011 ein. Jährlich vergeben wir hierzu den Webvideopreis Deutschland. Als zentrale Auszeichnung für den deutschsprachigen Webvideo- und Social-Media-Markt küren wir innovative und erfolgreiche Formate und Künstler aus dem und für das Web. Das Recht des Einzelnen, sein Publikum zu finden, ist für uns Antrieb, Aufgabe und Anspruch zugleich.
Vor diesem Hintergrund sehen wir mit zunehmend wachsender Sorge die ausgeweiteten Vorstöße der Landesmedienanstalten im Bereich der Rundfunklizenzen. Der Webvideomarkt benötigt aber keine verschärfte Regulierung, sondern nachhaltige Wachstumsimpulse und intelligente Antworten auf zutiefst drängende Fragen, um eine pluralistische Medienlandschaft zu ermöglichen.
Wir fordern die Landesmedienanstalten zu einem konstruktiven Dialog auf, um puren Aktionismus, nicht absehbare Kollateralschäden und unnötige Irritationen für den Webvideomarkt zu vermeiden.
Hierbei stehen für uns folgende Forderungen im Mittelpunkt:
- Wir erwarten faire, transparente und zukunftsorientierte regulatorische Rahmenbedingungen. Den Gesetzgeber fordern wir auf, das Recht, sein eigenes Publikum zu finden, als wichtiges Gut und allgemeines Recht zu begreifen und im Sinne einer vielfältigen Medienlandschaft zu bewahren und zu schützen.
- Menschenwürde, Jugend- und Nutzerschutz sind für uns unumstößliche Schutzgüter. Auf ihren Schutz sollten wir uns konzentrieren und nicht auf sinnlose administrative Verfahren.
- Die vom Gesetzgeber festgelegte Lizensierungspflicht von Medieninhalten muss an die Realität angepasst werden. Angemessener wäre eine "qualifizierte Anzeigepflicht" wie bei Radioangeboten. Der Produzent verpflichtet sich mit diesem Schritt wiederum, seine Kontaktdaten der zuständigen Landesmedienanstalt zuzuführen und diese in einem Impressum beim Livestream-Angebot sichtbar zu machen.
- Die umsetzenden Landesmedienanstalten fordern wir ihrerseits auf, bis zu einer Lösung die notwendigen Gebühren für einen Lizenzantrag von derzeit mindestens 1.000 Euro auf ein faires und angemessenes Maß herunter zu setzen. Nur so kann jeder Antragsteller, unabhängig von den persönlichen Einkommensverhältnissen, von seinem Recht, sein eigenes Publikum finden zu können, Gebrauch machen. Als Obergrenze für natürliche Personen ohne kommerzielle Verwertung sollten nicht mehr als 25 Euro angesetzt werden.
- Die Antragsverfahren sollten beschleunigt und entbürokratisiert werden (z.B. durch Verzicht auf ein polizeiliches Führungszeugnis etc.)
- Die Aufzeichnungspflicht für Livestreams sollte ersatzlos gestrichen werden. Zulassungen müssen zeitlich unbegrenzt oder mindestens für einen deutlich längeren Zeitraum vergeben werden.
gezeichnet
Markus Hündgen, Gründer/Geschäftsführer
Dr. Dimitrios Argirakos, Gründer/Geschäftsführer European Web Video Academy GmbH