Funktional auf allen Screens

Warum ist die eigene, unverwechselbare exklusive Schrift heute wichtiger als zu Zeiten des Bleisatzes oder des Fotosatzes? Ganz einfach: Weil Unternehmen noch nie so viel und noch nie auf so vielen unterschiedlichen Kanälen kommuniziert haben wie heute. Und dank der Globalisierung nicht nur mit 124 Zeichen, sondern mit den Glyphen aller Industriestaaten. Vor 30 Jahren gab es Print und TV. Die gibt es heute immer noch, doch hinzugekommen sind das Internet, Video-Plattformen (Youtube, Vimeo), Foto-Communities (Instagram, Flickr), die sozialen Netze … und bald ziehen wir mit Sack und Pack in die virtuelle Realität.

Wer sich in diesen Kanälen alleine auf die Schriften verlässt, die dort standardmäßig unterstützt werden, verliert ziemlich schnell sein visuelles Profil. Die wichtigste Überlegung dabei ist, dass eine Schrift über alle diese Medien hinweg funktionieren muss. Nicht nur diejenigen, die wir heute kennen - sie müssen auch tragbar sein, um in Augmented-Reality-Umfeldern oder im Display des Armaturenbretts eines Autos zu arbeiten - oder überall dort, wo eine Marke die Chance hat, in Zukunft sichtbar zu sein.

Coca-Cola

Ach so: Wie ist sie denn nun, die neue Coca-Cola-Schrift? Um es ganz kurz zu fassen: solide, selbstbewusst, stolz. Gotham hat schon den richtigen Weg vorgegeben, und diente vielleicht sogar als Blaupause, aber TCCC Unity weist doch einige unverwechselbare Zinken und Kanten auf, wie es sich eigentlich nur eine Exklusivschrift erlauben kann. Kommerzielle Schriften müssen vielen gefallen und können die Wünsche und das Erbe einer Marke nur bedingt transportieren. Übrigens ist TCCC Unity Made in Germany, denn ihr Entwerfer (und Brody Partner) Luke Prowse lebt und arbeitet in der Schriftdesign-Metropole Berlin.

Abschließend stellt sich die Frage: Wie wird Coca-Cola den Nutzen seiner Exklusivschrift bewerten? Tatsächlich ist es nicht einfach, die Essenz einer individuellen Unternehmensschrift in Worte zu fassen. Der beste Weg, die Wirkung und Effektivität einer neuen Markenschrift zu messen, besteht darin, zu verstehen, wie auf sie reagiert wird (z.B. Social Media, Engagement, Anerkennung, etc.).  Im Umkehrschluss bedeutet dies, dass gutes Design wichtig ist, aber die Reaktion der Verbraucher sollte ebenso ein Indikator für den Erfolg sein.

Hendrik Weber ist Type Director bei Monotype in Berlin. Er hat für mehrere Unternehmen und Marken Exklusivschriften entworfen, darunter Bentley, ING-DiBa, Škoda, Canyon und den japanische Brillen-Discounter J!NS.


Autor: W&V Gastautor:in

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