Online-Werbung:
Was Planer gar nicht mögen: den Ad-Austausch
Erste Vermarkter experimentieren mit rollierenden Onlineanzeigen. Das reduziert die Zeit der Einblendung. Die Mechanik wird jetzt auch für Branding-Kampagnen auf TKP-Basis genutzt. Mediaplaner befürchten den Verlust von Werbewirkung
Werbeflächen müssen nicht statisch sein. Planer kennen rollierende Plakate an Bahnhöfen, Haltestellen sowie Stadionbanden mit wechselnden Inhalten. Mit dem Austausch der Motive können sie den begrenzten Platz besser nutzen. Im Web ist das eine andere Sache. Viele Kampagnen werden auf Tausendkontaktpreis (TKP) abgerechnet. Kann der Vermarkter auf einem Platz mehrere Anzeigen platzieren, lässt sich zwar mehr pro Seitenaufruf verdienen – insbesondere auf teuren Plätzen. Allerdings ist das nicht nach dem Geschmack der Planer und Werbungtreibenden, denn sie schätzen es meistens gar nicht, wenn sie sich den Platz bei Branding-Kampagnen teilen müssen.
Der Grund für das riskante Spiel sind sinkende Reichweiten im stationären Internet, denn der Traffic verlagert sich aufs mobile Web. Hinzu kommen Adblocker, die die Auslieferung von Werbung verhindern. Der Rückgang der Premiumflächen wird für manchen Branchenplayer zunehmend zum Problem. Das lässt offenbar manchen Vermarkter kreative Wege suchen.
Nur bleibt der Austausch von Werbemitteln, in der Branche auch Refreshments genannt, nicht immer unbemerkt: "Mediaagenturen können mittlerweile sehr viel tracken, das unterschätzt vielleicht der eine oder andere Vermarkter", sagt Uli Kramer, Geschäftsführer der Mediaagentur Pilot. Auch dort haben die Planer inzwischen festgestellt, dass einzelne Vermarkter mit dem Austausch von TKP-Anzeigen experimentiert haben. Das hat sich laut Kramer im Branding-Bereich nie bewährt, sondern ist eher im Performance-Bereich anzutreffen. Dort sei es nicht so dramatisch, wenn der Kunde nur bei Response zahle.
Der Wunsch seitens der Vermarkter, einen Banner unabhängig von einer Nutzeraktion auszutauschen, hat auch Ralf Scharnhorst, Inhaber der Agentur Scharnhorst Media, in den letzten 18 Jahren als Planer immer wieder erlebt. "Tatsächlich ist im Abrechnungsmodell auf Basis des TKP nicht festgelegt, wie lange der Banner sichtbar sein muss", sagt Scharnhorst. Zwar erwarteten die Werbungtreibenden zu Recht, dass ihr Banner gleichzeitig und permanent mit dem Content sichtbar ist. Aber der Planer empfiehlt, dies im Vertrag festzuschreiben.
Der Online-Vermarkterkreis als Branchenzusammenschluss betont, dass das Rollieren oder Refreshen eines Werbeplatzes eine vermarkterindividuelle Maßnahme bei der Auslieferung darstellt. "Hierbei handelt es sich nicht um eine Werbemittelspezifikation des OVK“, sagt dessen Sprecher Matthias Wahl. Inwieweit einzelne Vermarkter das Verfahren einsetzten, entziehe sich der Kenntnis.
Auf Anfrage bestätigt etwa Steffen Hopf, Deutschland-Chef von Yahoo, dass der Vermarkter in einigen Ländern – auch hierzulande – Anzeigen auf TKP-Basis rotieren lässt. Dies gemäß den Standards des internationalen Digitalverbands IAB. Dabei müssen bestimmte Voraussetzungen erfüllt sein, wie die Darstellung im Sichtfeld. Doch andere Vermarkterchefs betrachten das Vorgehen skeptisch. "Das passt nicht zu den aktuellen Trends der Branche", sagt Mike Klinkhammer, Head of Display bei Ebay Advertising. Die Vermarkter wollen die Preise für Online-Werbung steigern, deshalb geht die Entwicklung eher zur Aufwertung der Anzeigenflächen. Auch die Verantwortlichen bei IQ Digital lehnen Refreshments ab. "Den Nutzer mit einem zweiten Creative auf dem gleichen Werbeplatz zu beliefern, halten wir für einen Ansatz, der klar in die falsche Richtung geht", sagt Christian Herp, Geschäftsführer von IQ Digital. Das könnte der Akzeptanz von Werbung schaden.
Die mögliche Reaktion der Mediaplaner auf den Ad-Austausch: "Bei deutlich sinkender Viewtime buchen wir nicht mehr", sagt Kramer. Unabhängig von der Ursache. Allerdings könnten vereinzelte Refreshments kaum wahrgenommen werden. Das sei ab einem gewissen Punkt nicht mehr zuverlässig nachzuweisen. Noch hält sich laut Kramer aber der Austausch in Grenzen. Die Agentur beobachtet genau, ob Werbekunden womöglich ein Nachteil entsteht. Einen Rabatt für alle Werbungtreibenden in einer Rotation hält Kramer nicht für die richtige Lösung. Insbesondere bei Kampagnen zur Markenstärkung, die in der Regel TKP-basiert abgerechnet werden, wollen die Planer gute Werte in der Sichtbarkeit für die höchstmögliche Aufmerksamkeit. Sonst leidet die Werbewirkung.