Die "Chinafizierung" der Blockbuster dürfte langfristig massive Auswirkungen auf das klassische Filmgeschäft in Hollywood haben. Im Gespräch mit der digitalen BR-Jugendwelle Puls orakelt etwa Professor Andreas Gruber von der Münchner Hochschule für Film und Fernsehen (HFF), dass die "absolute Trivialisierung" im US-Film Einzug halten und die westliche Welt zum Gähnen bringen werde. "Pompöses Effektgetue", wie es bei Puls heißt, kommt in deutschen oder englischen Kinos nicht gut an – die Chinesen lieben es. Die dortige Erzählweise weicht stark von gewohnten westlichen Mustern ab. Bösewichter nur noch aus Nordkorea, Kung-Fu-Szenen oder das Familienessen als Ort der Problemlösung: Das taugt für Peking, aber weniger für London oder Berlin. "Puls" vermutet, dass neue globale Erzählformen in US-Blockbustern noch mehr Zuschauer aus den Kinos und hin zu Serien treiben könnten.

Beflügelt hat den Boom des chinesisch geprägten Blockbusters in den vergangenen Monaten sicher auch die leichte Freigabe der Restriktionen durch Chinas Regierung vor knapp einem Jahr. 34 ausländische Filme dürfen seither pro Jahr im Reich der Mitte gezeigt werden. Das Hollywood-Land USA hat ausgehandelt, dass mehr als die zuvor erlaubten 20 Filme die Zensur-Schranke passieren dürfen. Die 14 zusätzlichen Streifen aus dem chinesischen Ausland müssen in Imax oder 3D gedreht sein – ein Triumph für Hollywood. Kein Wunder: Mit zwei Milliarden Euro an Ticketverkäufen ist China seit 2012 der zweitgrößte Kinomarkt der Welt nach den Vereinigten Staaten. Die Chinesen haben damit Japan auf Platz drei verdrängt. Bei Bekanntgabe der Zahlen prognostizierte das Filmportal IMDb.com bereits, dass die US-Majors ihre Blockbuster immer stärker auf das chinesische Publikum zuschneiden werden. Das bedeutet für das Schnittmuster: Weniger Gewalt wie in Streifen à la "Django Unchained" von Quentin Tarantino, weniger Antichinesisches wie in der US-Version von "Iron Man 3", wo der Bösewicht The Mandarin heißt – und mehr Kung Fu.


Autor: Petra Schwegler

Die @Schweglerin der W&V. Schreibt seit mehr als 20 Jahren in Print und Online über Medien - inzwischen auch jede Menge über Digitales. Lebt im Mangfalltal, arbeitet in München.