
Interview in der "Zeit":
Warum der Ex-Chefredakteur seine "Bild" nicht mehr liest
Günter Prinz war der Chefredakteur von "Bild" in ihren großen Jahren: Bis zu 5,5 Millionen Exemplare der Boulevardzeitung gingen in den 70er-Jahren über die Theke.

Foto: Screenshot Twitter @KaiDiekmann
Doch nun lässt Günter Prinz die Finger von "Bild": Das sagte der 87-Jährige im Interview mit der Wochenzeitung "Die Zeit", die ab 22. Juni im Handel ist. "Bild" sei ihm heute "zu langweilig", so der Chefredakteur des Springer-Titels von 1971 bis 1981. Er ist einer von vielen, die das Blatt in den vergangenen Jahren verloren hat: Die Auflage im 1. Quartal 2017 lag bei 1,79 Millionen verkauften Exemplaren.
In die Zeit von Prinz fielen Olympia 1972 in München, Willy Brandts Kanzlerschaft und Rücktritt, der deutsche WM-Sieg, Watergate, RAF-Terror und die linke Studentenbewegung - letztere sahen in Springers "Bild" den Feind und umgekehrt. Die Titelseiten der "Bild" zierten in den 70ern Schlagzeilen wie "Fußballstars schworen Meineide" (1.11.71), "Einer aß kein Menschenfleisch - er verhungerte" (28.12.72), "Benzinpreis explodiert: Bald 1 Mark" (1.11.73),"Hund erschießt deutschen Millionär" (7.10.74), "Baader-Meinhof ißt jetzt Kaviar in der Zelle" (20.2.75), "Mann beim Abwaschen ertrunken" (4.4.75), "Ein Baby: Wim Thoelke zwischen zwei Frauen" (30.6.77), "Ameisen fraßen Krebskranken" (2.8.79) und "Charles und Diana verlobt" (25.2.81) (Quelle: "Das Bild-Buch" anlässlich "60 Jahre Bild" 2012).
Prinz sagt heute über seine damalige Arbeit: "Ich habe vielleicht 10.000 Schlagzeilen gemacht. Wenn davon 100 misslungen und einige in ihrer Zuspitzung schrecklich misslungen sind, dann ist es schlimm. Aber die Quote ist halbwegs in Ordnung."
Zu seinem 80. Geburtstag im Juli 2009 würdigte ihn einer seiner Nachfolger, Kai Diekmann (auf Bild.de): "Wenn er 'Bild' jeden Tag neu erfand, war er eine Ein-Mann-Redaktion. ... Sein Motto bleibt unser Auftrag: 'Nur wer an seine Leser denkt, kann eine gute Zeitung machen.'"
Günter Prinz war es auch, dem der Springer-Verlag die Familie an "Bild"-Titeln verdankt, denn er gründete "Auto Bild" und "Bild der Frau", später für den Verlag Hubert Burda Media die Zeitschrift "Super Illu" (1988). Von 1991 bis 1994 kehrte er als Vorstand zu Springer zurück.
Das Interview mit Günter Prinz lesen Sie in der "Zeit", Ausgabe 26, die am 22. Juni erscheint.