Interview :
Warum 21Torr ein Popup Office in Kapstadt eröffnet
Für die Reutlinger Digitalagentur 21Torr arbeiten rund 70 Menschen. 8 von ihnen brechen Anfang Januar nach Kapstadt auf. Was das Büro auf Zeit bringen soll, erklären die Chefs im W&V-Interview.
Das Hauptquartier von 21Torr ist nicht Berlin, Hamburg oder München. Wie holt ihr Bewerber nach Reutlingen?
Marcus Reiser: Warst du schon mal in Reutlingen?
Nein.
Marcus Reiser: Viele können es sich nicht vorstellen, aber wir merken beim Recruiting keinen Unterschied zwischen unseren 3 Standorten Reutlingen, Stuttgart und Hamburg.
Alexander Hafemann: Das hängt auch damit zusammen, dass Reutlingen zum Ballungsraum Stuttgart gehört und die Universitätsstadt Tübingen ganz in der Nähe ist. Wir haben hier nicht nur starke Wirtschaftsstandorte, sondern auch viele hochqualifizierte junge Leute. Davon profitieren wir natürlich.
Trotzdem wollt ihr ein Popup Office in Kapstadt eröffnen. Warum?
Marcus Reiser: Weil wir unseren Mitarbeitern etwas bieten wollen. Das Popup Office ermöglicht es, 4 Wochen aus dem Alltag rauszukommen und den deutschen Winter gegen den südafrikanischen Sommer einzutauschen. Es ist aber kein Urlaub, sondern Arbeiten an einem anderen Ort. Die Amerikaner nennen es Workation. Die Projekte laufen in dieser Zeit weiter. Natürlich wollen wir auch zeigen, was digitale Technologien möglich machen. Die wenigsten Menschen in unserer Branche müssen zwingend zu 100 Prozent an immer demselben Ort arbeiten.
Warum gerade Kapstadt?
Alexander Hafemann: Das hat rein praktische Gründe. Es gibt nur eine Stunde Zeitunterschied. Wie gesagt: Die Projekte laufen weiter, und unsere Kunden brauchen natürlich Ansprechpartner zu mitteleuropäischen Arbeitszeiten. Insofern ist Kapstadt perfekt.
Wie viele 21Torr-Mitarbeiter werden dort arbeiten?
Marcus Reiser: Ursprünglich hatten wir an 4 gedacht, aber das Interesse war so groß, dass wir jetzt 8 auf die Reise schicken. 20 haben sich beworben, die Auswahl war nicht einfach. Es sind unterschiedliche Disziplinen vertreten, Projektmanager, Designer, Entwickler. Am 8. Januar geht’s los.
Ist es ein komplettes Team für ein bestimmtes Projekt?
Marcus Reiser: Nein. Die Kollegen werden sich zwar bei Bedarf gegenseitig unterstützen, aber es geht um unterschiedliche Kunden.
Und wie haben diese Kunden reagiert?
Marcus Reiser: Positiv neugierig. Und jeder von Ihnen ist herzlich eingeladen, sich vor Ort umzuschauen.
Wieviel Geld steckt ihr in das Projekt?
Alexander Hafemann: Wir möchten keine Zahlen nennen. Sagen wir es so: Wenn wir dadurch 2 Mal den Headhunter einsparen, sind die Kosten wieder drin.
Bei der Zusammenarbeit zwischen Deutschland und Südafrika wird Technologie eine große Rolle spielen. Welche Tools kommen zum Einsatz?
Marcus Reiser: Eigentlich sind es dieselben wie im Kontakt zwischen unseren deutschen Standorten oder zwischen Home Office in Tübingen und Büro in Reutlingen. Wir praktizieren vernetztes Arbeiten ja schon, die Entfernung ist da zweitrangig. Slack ist zum Beispiel ein wichtiges Kommunikationstool für uns.
Das heißt, dass ihr auch in Deutschland nicht auf Präsenzarbeit besteht?
Marcus Reiser: Wir sind ergebnisorientiert und nicht präsenzorientiert. Darum sind individuelle Home-Office-Regelungen bei uns nichts Neues. Man kann über alles reden.
Wie haltet ihr es persönlich mit New Work?
Marcus Reiser: Ich persönlich mag es, unter Menschen zu sein, darum bin ich relativ oft in der Agentur. Das liegt aber auch daran, dass ich quasi um die Ecke wohne.
Alexander Hafemann: Ich bin eher der digitale Nomade von uns beiden und ohnehin den ein oder anderen Monat im Jahr auf Reisen.
Ist Urlaub bei euch Urlaub oder wird dann weiter gearbeitet?
Alexander Hafemann: Urlaub sollte auch für Agenturchefs Urlaub sein, darum schauen wir nur hin und wieder in unsere Smartphones. Von unseren Mitarbeitern erwarten wir das defintiv nicht. Die sollen abschalten und sich erholen.