RTL-Show im Social-TV-Check :
Warum "Rising Star" verglühen musste
Im TV überzeugte "Rising Star" nicht - im Social Web erst recht nicht. Lehren aus der gescheiterten RTL-Interaktiv-Show zieht Linkfluence mit einer Analyse des "Buzz".
Die RTL-Show "Rising Star" ist unspektakulär verglüht. Gerade einmal 1,38 Millionen Gesamtzuschauer und ein einstelliger Marktanteil von 6,2 Prozent sind für das vierstündige Finale zusammen gekommen, das der Sender wegen schlechter Quoten vorgezogen hatte. Das war weniger Publikum als vor einer Woche, aber immerhin mehr als am vergangenen Samstag. Zum "Rising Star" gekürt wurde die Band Unknown Passenger aus dem oberpfälzischen Cham in Bayern. Bitter: Nur 830.000 jüngere Zuschauer sahen ihren Sieg.
Doch warum ist RTL bestensfalls ein "Falling Star" gelungen? "Ein Stern, der niemals aufging", urteilt nun Oliver Tabino. Der Managing Director des Social-Media-Forschungsunternehmens Linkfluence aus Mannheim hat für W&V Online den "Buzz" im Verlauf der Showreihe im Social Web genau verfolgt. Er hält nach der Analyse vieler Kommentare auf Twitter, Facebook und im Internet Interpretationen und Hypothesen zum Misserfolg parat. Wichtigster Punkt: "Die Show ist in sich nicht kongruent und hat zu viele Brüche", so Tabino. Er zählt drei Bruchstellen auf, die es dem Zuschauer aus seiner Sicht schwer gemacht haben mit "Rising Star":
Bruch 1: die Zielgruppenproblematik.
Eigentlich sei die Show für eine junge bis sehr junge Zielgruppe gemacht, die app- und webaffin sei. "Außerdem eine Zielgruppe, die eher Generation Selfie ist, weil ein Trigger die Wall sein sollte, um mitzumachen und sich selbst auf der Wall zu beobachten", heißt es aus Mannheim. Die Jury allerdings sei mit Anastacia, Gentleman oder Sasha zu "alt" für diese Zielgruppe gewesen. Auch die Teilnehmer seien "nur bedingt zielgruppengerecht" gewesen, ähnlich wie die Auswahl der Musiktitel. Alles in allem sieht Oliver Tabino in der Show im Prinzip eine Kopie "The Voice of Germany" mit "echten" Typen, die aber" letztendlich nicht wirklich zu der jungen Zielgruppe gepasst" hätten.
Bruch 2: Musikshow, Casting-Show oder, Abstimmungs-Show oder was?
Das Konzept von "Risung Star" sei ebenfalls nicht stimmig gewesen. "Eigentlich viele Shows in einer", eine "Mischung aus ‚The Voice‘, einem hochwertigeren DSDS und einer Call-In-Show", fasst Tabino seinen Eindruck zusammen. Schlimmer noch: Kein Element dominiert aus seiner Sicht, "sondern die Elemente konkurrieren eher". Den Daumen senkt der Linkfluence-Manager nach Analyse des Social Buzz über der "Wall": Sie lenke vom Künstler zusätzlich ab, weil man auf die interaktive Wand und das Voting achte.
Bruch 3: Second Screen und Check-in
Dass sich die Kandidaten einzeln einchecken mussten, um abstimmen zu können, stellt in Tabinos Analyse womöglich eine Barriere dar. Zu viel Aufwand scheint hier zu entstehen. Oliver Tabino sagt: "Die Abstimmung wird dann eher stressig. Außerdem könnte die Abstimmung Menschen, die nicht auf der Wall erscheinen wollen, eher abschrecken."
Zumal Linkfluence die Show via Monitoring mit Radarly begleitet hat, kann Tabino genau sagen, wann sich die Fans am meisten über "Risings Star" ausgetauscht haben: "Ironie des Schicksals: Den größten Peak erzeugt die Ankündigung der Absetzung. Der Buzz zu Beginn ist sehr kritisch und dann flacht selbst der negative Buzz ab, bis es zur Ankündigung kommt, dass ‚Rising Star‘ abgesetzt werden wird", betont er. Pech auch für Moderator Rainer Maria Jilg: Er fällt im Social Web durch. Er habe es nie geschafft, das Publikum in den Social Media für sich zu gewinnen, bericht Oliver Tabino. Und: "Wir haben den User Generated Content ausgewertet und die Werte sind vernichtend. 95 Prozent der Posts über Jilg sind negativ. Da kann man nicht mal mehr von einer Polarisierung sprechen." Die Song-Auswahl, die nicht gefiel, hat laut Linkfluence Ende August fast zu einem "Shit-Stürmchen" geführt. Die Beobachtung der Reaktionen im Social Web ergibt laut Linfkluence: "Eigentlich ziehen sich die Pannen und Unstimmigkeiten durch die ganze Show. Alles passt nicht wirklich zusammen und es wurden auch handwerklich Fehler gemacht."
Richtig düster sieht es mit dem Buzz im Vergleich zu anderen Shows der vergangenen Wochen aus: "Sat.1 hat mit ‚PromiBB‘ über 100.000 Postings erzeugt. ‚Rising Star‘ gerade mal 12.000", rechnet Oliver Tabino vor. Nach sieben von zehn Ausgaben stellte RTL das Format, in dem das Publikum seinen Gesangsfavoriten per App bestimmt, ab. In Großbritannien ist man nun gewarnt nach dem Floppen der aus Israel stammenden Show-Idee in Deutschland und in den USA: ITV lässt die Finger von "Rising Star".