
WAZ: Rochade im Ruhrpott
Der überraschende Job-Tausch der WAZ-Manager Harald Wahls und Markus Beermann dürfte auch für einen Kurswechsel beim Essener Medienkonzern stehen.
Überraschende Personal-Rochade bei der WAZ: Erst im April dieses Jahres war Harald Wahls von Holtzbrincks Vermarkter IQ Media als Verlagsgeschäftsführer zur WAZ gewechselt. Nun tritt er diesen Posten schon wieder ab - und tauscht seinen Job mit Markus Beermann, dem Sprecher der Geschäftsführung der "Braunschweiger Zeitung".
Das Stühlerücken in der Führungspitze steht letztlich für einen Kurswechsel in der Führungsphilosophie. Denn der 53-jährige Wahls war als mächtiger Mann für das kränkelnde Kerngeschäft des Essener Medienkonzerns geholt worden. Für Wahls wurde eigens der Posten eines NRW-Zeitungsgeschäftsführers mit weit reichenden Befugnissen geschaffen. Der Manager zeichnete verantwortlich für die auflagenstarken Zeitungen an Rhein und Ruhr wie die "Westdeutsche Allgemeine Zeitung", die "Neue Rhein-Zeitung", die „Westfälische Rundschau" und die "Westfalenpost". Sie bilden die Keimzelle und bis zum heutigen Tag das Kerngeschäft der Verlagsgruppe.
Die starke Rolle des NRW-Chefs könnte in der komplexen Führungsstruktur des Konzerns, in der die beiden Gesellschafterfamilien je einen Hauptgeschäftsführer stellen, zu Verwicklungen geführt haben. Der gewerkschaftsnahe Blog medienmoral-nrw.de spekuliert, dass es „in Essen wohl zu viele Kompetenzüberlappungen mit anderen gewichtigen Entscheidungsträgern gegeben“ habe.
Der neue NRW-Verlagsgeschäftsführer Markus Beermann wird die Rolle nun wohl zurückhaltender als der machtbewusste Wahls interpretieren. Denn Wahls wird offenbar einige Kompetenzen in seine neue Funktion bei der „Braunschweiger Zeitung“ mitnehmen. Wahls werde seine „begonnenen Sonderprojekte weiterhin betreuen und auch in Zukunft mit solchen betraut werden“, heißt es in der Mitteilung des Verlags.
Offiziell begründet wird der Job-Tausch mit der "familiären Situation" von Markus Beermann. Er habe darum gebeten, wieder in seine Heimat Essen zurückversetzt zu werden. Wahls und Beermann seien dann überein gekommen, die Geschäftsbereiche zu tauschen.
Auf Beermann, der erst im Oktober 2008 nach Braunschweig wechselte, wartet in Nordrhein-Westfalen eine schwere Aufgabe. Denn das Herzstück des Konzerns krankte zuletzt an akuten Rhythmusstörungen. Nach jahrelangem Stillstand entschloss sich die WAZ im vergangenen Jahr zu einer Radikalkur bei ihrern wichtigsten Zeitungen, von denen nur noch die „Westdeutsche Allgemeine Zeitung“ schwarze Zahlen schrieb. Zusammen mit der Unternehmensberatung Schickler entwicklete der Konzern ein rigides Kostensparprogramm mit dem Abbau von rund 260 Stellen und der Schaffung einer Essener Zentralredaktion.