Welche Hausaufgaben warten auf die Verlage im Digitalgeschäft?

Neue Produkte zu entwickeln steht hier sogar an erster Stelle. Das kann beispielsweise die Verknüpfung von Print und Digital sein oder die Einführung des Freemium-Modells, bei dem die Basis kostenlos ist, Premium-Inhalt gibt es gegen Bezahlung. Das sind die beiden populärsten Modelle. Ganz wichtig ist auch das Mobile Business, denn neue Hardware braucht neue Inhalte. Fachverlage tun bespielsweise gut daran, ihren Content-Pool zu öffnen. Gerade im Bereich Jura, Medizin, BWL lässt sich Spezial-Content gut monetarisieren.

Bislang gibt es wenige erfolgversprechende Bezahlmodelle im Netz. Welche schneiden noch am besten ab?

Digital-Abo kombiniert mit Print, was wir Print Plus nennen. Daneben setzen sich Freemium-Modelle und auch Flatrates am stärksten durch.

Gibt es im Bereich Paid Content internationale Vorbilder?

Das "Wall Street Journal" beispielsweise hat es geschafft, seine Inhalte in Print und Online zu gleichen Preisen an die Leute zu bringen. Aber das Top-Bezahlmodell hat meiner Ansicht nach Apple: Über eine wahnsinnig freundliche Benutzeroberfläche schafft es das Unternehmen, Musik- und Film-Content zu verkaufen. Generell gilt: Am erfolgversprechendsten ist hohe Wertigkeit des Contents, gepaart mit großer Benutzerfreundlichkeit.

Was sind die optimalen Vertriebskanäle für digitale Produkte?

Apple, Google und Microsoft sind am besten geeignet. Trotz der überbordenden Markt- und Verhandlungsmacht dieser Player erkennen die Verlage die Notwendigkeit zur Kooperation. Ein E-Kiosk oder Online-Store kann für Großverlage geeignet sein. Wie anspruchsvoll das aber ist, zeigt das Beispiel Next Issue Media der Hearst-Gruppe in den USA.

Wie lange wird es Ihrer Schätzung nach dauern, bis sich funktionierende Bezahlmodelle etabliert haben?

Das ist schwer abzuschätzen, denn niemand weiß, wie sich der Hardware-Markt entwickelt, wie und auf welche Innovationen die Verlage dann reagieren müssen. Es wird aber sicher noch einige Jahre dauern.

Brauchen Verlage Nachhilfe in Sachen CRM?

Viele Verlage wissen gar nicht, welch wertvolles Asset das Digitalgeschäft ist. Aus dem direkten Kontakt zum Kunden lassen sich eine Menge Rückschlüsse ziehen. Amazon beispielsweise macht das schlau: Sie analysieren die Bedürfnisse ihrer Kunden und bieten ihnen dann weitere Produkte an.

Die Margen im Online-Geschäft sind überschaubar. Printmagazine erzielen dagegen immer noch Renditen von bis zu 30 Prozent. Jammern die Verlage auf hohem Niveau?

Ja und nein. Die Verlagsbranche kommt aus Glanzzeiten im Jahr 2000. In den letzten 13 Jahren ist das Ertragsniveau massiv abgeschmolzen. Das macht sich auch an den Kooperationen und Fusionen im Zeitungs- und Zeitschriftenmarkt bemerkbar. Andererseits brauchen die Verlage dieses Polster, um unternehmerisches Handeln auszuprobieren. Gewinne sind notwendig, um in Digital zu investieren.

Wie ist die Stimmung in den Verlagen?

Anders noch als vor zwei drei Jahren ist die Branche aus der Schockstarre aufgewacht, wir verspüren sogar Optimismus. Die Verlage sind in Aufbruchstimmung. Man hat die Herausforderungen erkannt und angenommen. In vielen Verlagen sitzen mittlerweile auch viele Manager, die, wenn auch nicht Digital Natives, so zumindest doch dem Digitalgeschäft gegenüber aufgeschlossener sind. Ja, man will jetzt den Stier bei den Hörnern packen.

Die Kernaussagen der VDZ/KPMG-Studie "Erlösstrategien 2015" sind in der aktuellen Printausgabe der W&V (EVT: 21.10.) veranschaulicht. Abo?


Autor: Lisa Priller-Gebhardt

Sie schreibt als Autorin überwiegend für W&V. Im Zentrum ihrer Berichterstattung steht die geschwätzigste aller Branchen, die der Medien. Nach der Ausbildung an der Burda Journalistenschule schrieb sie zunächst für Bunte und das Jugendmagazin der SZ, Jetzt. Am liebsten sind ihr Geschichten der Marke „heiß und fettig“.