
München:
Von der Frisur bis zum Fußnagel: So kontrolliert Abercrombie & Fitch das Personal
Der Flagship-Store von Abercrombie & Fitch in München gilt als der "heißeste Laden der Stadt". Doch hinter den schönen Kulissen herrscht ein striktes Regelwerk, das Verhalten und Aussehen der Mitarbeiter streng vorschreibt. Die Münchner "Abendzeitung" veröffentlicht Auszüge aus dem kuriosen "Internen Handbuch für Store-Mitarbeiter".
Für Teenies bietet München seit dem 25. Oktober 2012 eine neue In-Adresse. In der Sendlinger Straße, dort wo früher die "Süddeutsche Zeitung" ihren Sitz hatte, eröffnete die US-Modekette Abercrombie & Fitch einen großen Store. Die Hauptattraktion sind auch hier junge, durchtrainierte, halbnackte Männer - die "Hot Guys" - die am Eingang die Besucher begrüßen. Innen verkaufen zu lauter Musik und in einer Duftwolke schöne Menschen schöne Sache an Kunden, die sich Boss Michael Jeffries ebenfalls möglichst schön und passend zum Image wünscht.
"Der Laden ist der heißeste der Stadt", bescheinigt die Münchner "Abendzeitung" (AZ) dem Teenie-Traum. Doch der schöne Schein trügt: Hinter den Kulissen geht es mitunter zu wie in einer Kaserne. Die Mitarbeiter müssen sich einem strikten Regelwerk unterordnen, das neben Verhaltensregeln auch ihr Aussehen penibel vorschreibt. Die "Abendzeitung" veröffentlichte am Donnerstag Auszüge aus dem "Internen Handbuch für Store-Mitarbeiter". Eine Ex-Mitarbeiterin verriet die "Geheimregeln". Sie verdiente einst pro Stunde zwölf Euro brutto an Werktagen und 21 Euro an Sonn- und Feiertagen. Kein schlechter Verdienst, doch dafür musste sie laut "AZ" einige "seltsame Arbeitsbedingungen" akzeptieren, die Abercrombie & Fitch weltweit in "Ten Rules" vorgibt:
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Nicht erlaubt sind: - Handys
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- Getränke
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- Essen und Kaugummis
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- Schals
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- Schmuck (außer Ehering, Ohrringe für Frauen, Armbanduhr)
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Die "Boys" müssen stets glatt rasiert sein
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Die "Girls" dürfen sich nicht schminken, nur leichter Lidschatten ist erlaubt. Tabu sind künstliche Fingernägel, ebenso Nagellack, sofern er nicht zartrosa ist. Alles muss möglichst "natürlich" aussehen.
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Kleidung darf nur blau, grau oder weiß sein.
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Ans Telefon geht nur der Store-Manager.
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Wer auf die Toilette will, muss sich vorher beim Store-Manager abmelden.
Dem Image hat sich alles unterzuordnen, deshalb widmet sich das Handbuch auf zwei Seiten ausgiebig dem Aussehen der Mitarbeiter, gibt Regeln vor für Kopfbedeckung, Frisur, Haarfarbe, Augen- und Lippen-Make-Up, Gesichtsbehaarung, Kleidung, Schmuck, Finger- und Fußnägel und Schuhe. So heißt es etwa unter "Finger-/Fußnagel": "Die Fingernägel dürfen nicht mehr als 6 mm über die Fingerspitze hinausreichen." Oder: "Wenn ein Fingernagellack verwendet wird, muss er klar sein. Eine French-Tip-Maniküre ist unerwünscht."
Nicht nur das Aussehen unterliegt einer strikten Kontrolle, auch die Taschen und Jacken der Mitarbeiter müssen jeden Tag an der Vordertür überprüft werden, wie die "Schadenverhütungs-Store-Richtlinie" vorschreibt. Das gilt auch für den Müll: "Ein Mitglied des Managements muss jeden Müllcontainer persönlich nach wertvollem Firmeneigenturm durchsuchen", steht da. Die Müllbeutel müssen transparent sein.
Diese Regeln gelten auch für die Nachtschicht. Denn rund 50 Menschen arbeiten nach Informationen der Zeitung jede Nacht im Flagship-Store bis 6.00 Uhr morgens durch - um die Kleidung zu falten, die tagsüber von den Kunden angefasst und zerwühlt wurde. Auf Fragen der "AZ" zu dem Kontrollwahn im Münchner Laden hieß es von Abercrombie & Fitch nur: "Kein Kommentar".
Für ihre Arbeitsbedingungen wurde die Modekette schon oft kritisiert. Reichlich seltsam ist auch das 40-seitige Regelwerk für Mitarbeiter, die im Privatjet von Michael Jeffries arbeiten, seit 1992 Chef von Abercrombie & Fitch. Wie "Bloomberg" im letzten Jahr enthüllte, schreibt das Handbuch den ausschließlich männlichen Stewards als Arbeitskleidung Polo-Hemden, Flip-Flops und Boxershorts von A&F vor. Beim Tischdecken müssen sie Handschuhe tragen. Ihre einzig erlaubte Standardantwort auf Anweisungen des Chefs lautet: "No Problem".
Wie sich die Marke den perfekten Mitarbeiter vorstellt, kann man in einem Beitrag von Merkur Online zur Ladeneröffnung in München anschauen: