
Neues Agenturmodell:
Vom Franchise- zum Partnermodell: Pluswerk stellt sich neu auf
Die Gruppe von Digitalagenturen will wachsen und dafür andere Firmen noch enger an sich binden, als das per Franchisesystem möglich ist. Vorstand Stefan Bauer aus München treibt das Vorhaben voran.

Foto: Pluswerk AG
München, Leopoldstraße 154, Schwabinger Tor. Es ist gar nicht so einfach, hier in diesem Neubaukomplex für die digitale Wirtschaft die richtige Klingel zu finden. Am Eingang ist die Pluswerk AG noch nicht zu finden, da steht nur was von Marit AG. Oben, im 1. Stock wiederum, ist von der Marit AG nichts mehr zu sehen, dafür prangt am Eingang der schicken Agentur das Logo der Pluswerk AG. Als Stefan Bauer, Gründer der Marit AG und Vorstand München bei Pluswerk, die Tür öffnet, lacht er nur. Seit Februar sitzen sie hier im Norden Münchens. Das Problem mit der Klingel war ihm nicht bewusst, er will das klären. Aber es sei auch irgendwie kein Wunder. Denn die Agentur steckt mitten in einem Übergangsprozess.
Die Pluswerk AG, seit über 20 Jahren am Markt, ist eine Agenturgruppe mit einem ungewöhnlichen Beteiligungsmodell. Inhabergeführte, eigenständige Agenturen haben sich als Franchisenehmer lose an sie gebunden. Gegen Gebühr profitieren sie von etlichen Vorteilen wie einer starken Einkaufsgemeinschaft, gemeinsamen Messengerdiensten, übergreifenden Marketing-, HR- und PR-Maßnahmen, einem standardisierten Wissenaustausch, dem Datenschutzbeauftragten für alle, einem Vertriebscoaching. Interimsweise würde die Gruppe sogar das Management einer Agentur stemmen, sollte ein Inhaber zum Beispiel wegen Krankheit längere Zeit ausfallen. Um mal nur einige Punkte aufzuzählen.
150 Leute in Europa und Südafrika
Die Agenturen der Pluswerk-Gruppe sind ausgesprochene Digitalexperten wie die Marit AG, eine Internetagentur für Typo 3, Creativestyle, Team Inmedias, beide auf E-Commerce spezialisiert, und andere mehr. Die 150 Leute in Aachen, Dortmund, Köln, München, Münster, Stuttgart basteln nicht nur Websites und Online-Shops, sie vermarkten das Ganze auch, betreiben die E-Shops und beraten ihre Kunden strategisch, zu denen namhafte Mittelständler wie Flex, die Creditplus Bank oder Rosier stehen. Vor allem unter Hochschulen genießt die Pluswerk AG einen guten Ruf, sie gestaltet ganze Plattformen im Netz für sie und entwickelt so auch ihre Marken weiter. In Südafrika sitzt eine Bewegtbildproduktion, in Rumänien und Polen stehen zwei Entwicklerbüros.
In München beschäftigen sie gerade mal elf Leute. Mit drei weiteren Agenturen teilt man sich das Stockwerk, so der Werbeagentur Straight, der Zusammenarbeit wegen. Ziemlich clean alles, viel Weiß. Nur die Ecken und Nischen, in denen kreativ und kollaborativ gearbeitet wird, sind bunt und warm gehalten. Gerade rücken die Kollegen Tische hin und her. Es ist Urlaubszeit, da bieten sich Umbauarbeiten an.
Bald nämlich soll alles anders werden. Neben dem Franchisesystem will die Gruppe ein Partnermodell etablieren. Die einzelnen Agenturen würden dann Aktionäre der AG, müssten dafür nicht einmal ihre Namen aufgeben, dürfen es aber. Vorstand Bauer setzt das Programm auf. Er gilt als gut vernetzt, empathisch, einer, der die Interessen seines Gegenübers im Blick hat, der perfekte Mann also für die Aufgabe. Für Agenturinhaber sieht er klare Vorteile: Viele wollten doch mitgestalten, "das große Rad drehen", wie er sagt. Zudem könnten sich die Manager so künftig auf Augenhöhe mit anderen über ihre Arbeit austauschen. Das sei bei kleinen Agenturkonstrukten ja gar nicht möglich, da stehe der große Experte oft ganz allein an der Spitze. Ein Partnermodell motiviert die Leute also nochmal ganz anders. Die AG selbst strebt natürlich nach Größe, sie will wachsen, vor allem in Deutschland, Österreich und der Schweiz, um in Zeiten des Fachkräftemangels Talente und Wissen an sich zu binden und um sich in einem Markt zu behaupten, der unter Konsolidierungsdruck steht.
Partner für Markenkommunikation, bitte melden!
Im Moment sucht die Pluswerk AG eine Partneragentur in Berlin, um den lokalen Markt dort abzudecken. Außerdem will sie mit einer weiteren Agentur - ob Franchisenehmer oder Aktionär ist egal - ihr Portfolio in Sachen Markenkommunikation ausbauen. Bei allem technischen Knowhow braucht es für eine ordentliche User Experience doch immer auch eine gute Markenführung im Netz. Pluswerk-Agenturen sollten inhabergeführt sein, mindestens fünf Jahre Erfahrung haben, agile und community-orientierte Kommunikation mögen und um die 40 Leute beschäftigen.
Stefan Bauer hat schon einige Ideen, wer da so in Frage käme. Firmen will er aber noch keine nennen. Eines verrät er am Schluss dann aber doch: Den Namen seiner eigenen Agentur, die Marit AG, will er aufgeben. Sie wird mit der Gruppe verschmelzen, er möchte jetzt selbst das ganz große Rad drehen - als Teil von Pluswerk.