Prominenter Abgang:
Victoria Wagner verlässt Ketchum Deutschland
Das fünfköpfige Executive Board führt die PR-Agentur nun erstmal weiter. Zwischen Ketchum und Wagner als CEO scheint es einen Dissens über die Unternehmensführung gegeben zu haben.
Spätestens zum 30. Juni ist Schluss. Bis dahin steht Victoria Wagner der PR-Agentur Ketchum Deutschland (DAS/Omnicom) noch beratend zur Seite, als CEO aber tritt sie ab. Die Chefin der Ketchum Gruppe in Deutschland war rund eineinhalb Jahre im Amt.
Übergangsweise führt nun das fünfköpfige Executive Board die Agentur weiter, wie Ketchum meldet. Es besteht aus Simone Hoch (COO), Sabine Hückmann (CIO), Nadine Schulz (CMO), Kerstin Steglich (CCO) und Horst Wettlaufer (CFO). Die CEO-Position soll im Februar besetzt werden.
Victoria Wagner will ab Sommer wieder ihre eigene Agentur führen. Die unternehmerische Freiheit sei ihr schon wichtig, sagt sie. Ein Wettbewerbsverbot besteht offenbar nicht, was ein Indiz dafür sein könnte, dass die BBDO-Gruppe sich möglichst schnell von Wagner trennen will.
Kritik an Wagners Führung
Fakt ist: In ihrer Zeit sind wichtige Mitarbeiter gegangen, 18 insgesamt meldete der PR-Report. Senior Partner Joachim Klewes, Mitgründer der Vorgängeragentur Kohtes Klewes, hatte Anfang 2017 gekündigt, ebenso Rüdiger Maeßen. Der leitete bis Februar 2017 das Düsseldorfer Stammhaus. Im April: Managing Director Thorsten Sperlich, jetzt bei Grohe. Christof Biggeleben fing nach fünf Jahren bei Ketchum im Sommer 2017 als Chief Creative Officer bei der Hirschen-Tochter Ressourcenmangel an.
Zur gleichen Zeit stieg der Public-Affairs-Mann Peter Strieder aus. Das Team in Berlin, das sich um diese Disziplin kümmert, ist seitdem stark ausgedünnt. Viele kreiden Wagner den Aderlass an; Weggefährten beschreiben ihre Führung als "desaströs". Das Konstrukt Ketchum sei ihr zu komplex gewesen.
Wagner verteidigt sich: Sie habe die ganze Agenturgruppe neu strukturiert, zu einer responsiven Organisation umgeformt, damit Ketchum agiler auf die neue Komplexität im Kommunikationsmarkt reagieren könne. Um ein festes Kundenteam herum bauen sie seitdem kleine Mini-Agenturen rund um den Kunden, die sich jederzeit verändern können. Auf ihr Konto gehen die Einrichtung des Executive Boards und Leadership-Teams für die Gruppe, der Entwicklung einer Strategie für die nächsten Jahre. Es sei ganz normal, dass in solchen Momenten manch senioriger PR-Mann den Wandel nicht mittragen wolle und hinwerfe. Wagner: "Ich gehe mit einem guten Gewissen."
Gestritten haben sie zuletzt ums Geld: Die Kunden, sagt Victoria Wagner, verfügten über geringere Budgets als früher, die Holding setze auf Kosteneffizienz. Sie aber wollte lieber in die Zukunft investieren, sprich die digitale Kompetenz von Ketchum.
Stabile Entwicklung
So hat sich Ketchum auf Vorjahresniveau, aber eben auch nicht dynamisch entwickelt. Für 2016 meldete die Agentur 49 Millionen Euro Umsatz - unter anderem auch dank Neukunden wie Metro und Henkel.
Victoria Wagner hatte einst die von ihr gegründete Agentur Brandzeichen - für Markenkommunikation und Social Media - an DAS/Omnicom verkauft; 2013 wurde die Firma Teil des Ketchum-Netzwerks.
Seit der Zusammenführung der drei deutschen Ketchum-Agenturen Ketchum Pleon, Brandzeichen und Emanate 2016 war Wagner CEO von Ketchum Deutschland. Sie hatte im Sommer 2016 die Nachfolge von Dirk Popp angetreten, um Ketchum zum Marktführer zu machen. Aktuell belegt die Agentur im PR-Umsatzranking Rang drei.
ds/ph/cob