
Berliner Verlag:
Verleger Friedrich lässt Aufsichtsratsposten bei Centogene ruhen
Der Berliner Verleger Holger Friedrich will als Aufsichtsrat bei Centogene pausieren. Indessen plant die Redaktion der Berliner Zeitung, ein Redaktionsstatut und einen Beirat einzuführen.

Foto: DuMont
Nach Bekanntwerden der Stasi-Kontakte von Holger Friedrich lässt der Berliner Verleger seinen Posten im Aufsichtsrat beim Biotech-Unternehmen Centogene vorübergehend ruhen. Das sagte er am Freitag der Deutschen Presse-Agentur. Er wolle als Aufsichtsratsmitglied pausieren, "bis die vollständigen Unterlagen der Stasi-Unterlagenbehörde vorliegen und von Experten ausgewertet wurden". Derweil planen die Redakteure der Berliner Zeitung ein Redaktionsstatut und einen Beirat.
Vor einer Woche war nach einer Rechercheanfrage der Welt am Sonntag bekanntgeworden, dass Friedrich in der DDR zeitweise Inoffizieller Mitarbeiter der Staatssicherheit (Stasi) war. Er hatte kurz zuvor zusammen mit seiner Frau Silke den Berliner Verlag mit Berliner Zeitung und Berliner Kurier von der DuMont-Mediengruppe übernommen.
Die Berliner Zeitung will dies nun selbst journalistisch aufarbeiten. Friedrich sicherte laut Redaktion seine Unterstützung zu. Er selbst erklärte, er habe eine handschriftliche Verpflichtungserklärung bei der Stasi aus einer Notsituation nach einer Verhaftung heraus verfasst, um einer befürchteten Gefängnisstrafe zu entgehen. Er sei "nicht aktiv" für die Staatssicherheit tätig gewesen.
Friedrich wegen IM-Vergangenheit und Centogene in den Schlagzeilen
In die Schlagzeilen geriet neben der IM-Vergangenheit Friedrichs auch seine Verbindung zum ostdeutschen Unternehmen Centogene. Das Magazin Der Spiegel griff einen Artikel der Berliner Zeitung über diese Firma kritisch auf, weil Friedrich im Aufsichtsrat sitzt und laut US-Börsenaufsicht im Juni über ein in Berlin ansässiges Unternehmen 3,27 Prozent hielt - was nicht im Artikel seines eigenen Blattes stand.
Die Berliner Zeitung erklärte daraufhin, dass Friedrich dem Herausgeber und der Chefredaktion den Hinweis gegeben habe, dass Centogene Weltmarktführer in der gentechnischen Analyse sei und dessen Börsengang ein Anlass zur Berichterstattung sein könnte. "Weder der Chefredaktion noch den beiden Wissenschaftsredakteuren war zu diesem Zeitpunkt bewusst, dass Holger Friedrich an dem Unternehmen beteiligt ist. Wäre das anders gewesen, hätte die Redaktion diese Information in den Artikel mit aufgenommen", hieß es.
Redaktionsstatut und -Beirat für Berliner Zeitung
Derweil planen die Redakteure von Berliner Zeitung und Berliner Kurier die Einrichtung eines gemeinsamen Redaktionsstatuts und die Gründung eines Redaktionsbeirats. Am Donnerstag wurde bei der Redaktionskonferenz beider Zeitungen dazu eine Arbeitsgruppe gegründet, wie der Leiter der Konferenz und Redakteur im Ressort Gesellschaft, Christian Schlüter, der Deutschen Presse-Agentur bestätigte. Davor hatte der Branchendienst Meedia berichtet.
Unter einem Redaktionsstatut versteht man eine Vereinbarung: Darin kann es etwa um Grundzüge der redaktionellen Arbeit gehen und um Abgrenzungen von Kompetenzen zwischen Redaktion und zum Beispiel Geschäftsführung.
Schlüter zufolge gab es bereits zwischen 2006 und 2017 ein Redaktionsstatut bei der Berliner Zeitung. Seither sei immer wieder überlegt worden, so etwas wieder zu etablieren. Die Nachfrage der dpa, ob die Vorfälle um den neuen Verleger mit dem jetzigen Vorhaben in direktem Zusammenhang stehen, kommentierte Schlüter nicht. (dpa/red)