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Verfolgung durch Cookie-Alternativen: Viel zu aggressiv für die Nutzer
Der Umgang mit Daten-Cookies ist bei vielen Usern gelernt. Alternative Verfahren wie Canvas Fingerprinting sorgen derzeit für Unruhe, obwohl sie schon seit Jahren existieren. Viele Digital-Dienstleister und Agenturen vermeiden den Einsatz. Doch im mobilen Web führt wohl kein Weg an Cookie-Alternativen vorbei.
Cookies haben ihr Image in den letzten Tagen deutlich verbessert. Unfreiwillig. Denn aktuell werden in den Medien alternative Methoden wie etwa das deutlich perfidere Tracking über Canvas Fingerprinting kritisch diskutiert. Wie Cookies werden sie von einzelnen Online-Marketing-Dienstleistern beim Datensammeln genutzt, um anonyme User-Profile zu erstellen. Doch im Gegensatz zu Cookies bekommen die meisten Nutzer davon nichts mit. Diese Profilierung lässt sich von Usern auf den eignenen Geräten auch kaum mehr löschen. Das könnte der ganzen Branche schaden.
Viele der Verfahren sind schon seit Jahren bekannt, wurden aber kaum eingesetzt. Rechtlich lässt sich gegen die meisten Verfahren kaum etwas einwenden. Laut dem Bundesbeauftragten für den Datenschutz gelten dieselben gesetzlichen Bestimmungen wie für Cookies. Das heißt, Nutzer müssen das Vorgehen über eine Opt-out-Möglichkeit verhindern können. Das ist in der Regel gegeben. Allerdings bemängelt Sascha Jansen, Sprecher des Fachkreises Online-Mediaagenturen im Digital-Verband BVDW, dass es etwa für Smartphones und in Apps im Gegensatz zum Browser-Cookie keine Grundeinstellung auf den Endgeräten gibt, das Tracking zu unterbinden oder zuzulassen. "Neben den gesetzlichen Vorgaben geht es auch schlichtweg um das Vertrauen des Nutzers", sagt Jansen. Die Branche will die mit erheblichem Aufwand erstellte Selbstregulierung nicht gefährden.
Die heimlichen Spähmethoden verurteilt Thomas Bindl, Chef des Performance-Software-Spezialisten Refined Labs: "Sie sind zu aggressiv für Nutzer, da sie keine Kontrolle über ihre Daten haben." Auch Stephan Noller, CEO des Targeting-Spezialisten Nugg.ad setzt keine intransparenten Verfahren ein. Ein Tracking-Tool wie Evercookies sei per Definition angelegt, Usern die Kontrolle über ihre Daten zu entziehen. "Das halte ich für nicht vertretbar und für die ganze Industrie schädlich", sagt Noller. Bei der Performance-Marketing-Agentur Quisma kommen laut Aussage des CIO Markus Plattner ebenfalls keine Tracking-Tools wie Canvas Fingerprinting oder Evercookie zum Einsatz. Solche Tracking-Methoden seien seiner Meinung nach nicht datenschutzkonform. Auchtechnisch gebe es andere Möglichkeiten, das Problem der Cookie-Sterblichkeitzu lösen. "Allerdings muss ein von den Anwendern akzeptierter Weg gefunden werden, um die notwendige Transparenz zu schaffen", sagt Plattner. Die BVDW-Initiative Meine-Cookies.org trägt bis dato kaum zur Aufklärung des Users in Sachen Tracking-Alternativen bei: Dennoch sei Meine-Cookies.org kein Feigenblatt, so Thomas Schauf, Leiter Europa und Internationales im Bundesverband Digitale Wirtschaft. Stattdessen sei sie Teil einer europaweit einmaligen Aufklärungsinitiative. "Neben dem Aufklärungsaspekt geht es dabei auch darum, Nutzern mehr Informationen und echte Kontrollmöglichkeiten an die Hand zu geben", sagt Schauf. Dennoch wäre es wünschenswert, auch hier mehr über Canvas Fingerprinting und Co. zu erfahren.
Allerdings gibt es auch Stimmen, die sagen, am Fingerprinting führe kein Weg vorbei: Volker Wiewer, Vice President International beim Datenspezialisten Teradata, nennt als Grund die hohe Rate an Adblockern, die Cookies verhindern. Werbung kann so kaum mehr gezielt ausgesteuert werden. Damit fehlt ein Teil der digitalen Wertschöpfungskette. "Es ist also kein Wunder, wenn aktiv nach Alternativen gesucht wird", sagt Jochen Schlosser, Director Data der Performance-Agentur uniquedigital. Das gilt erst recht für das Mobile-Web. Für Apps existieren keine übergreifenden Cookies. BVDW-Vertreter Schauf bestätigt dies: Auf mobilen Endgeräten oder in Bereichen wie HbbTV stoßen Cookies laut Schauf an technische Grenzen. Hier kommt dann idealerweise datenschutzkonformes Identity- beziehungsweise Pseudentity-Management zum Einsatz, das pseudonyme Nutzungsprofile endgeräteübergreifend zusammenführt.
An alternativen Tracking-Technologien führt künftig also wohl kein Weg vorbei. Dafür sprechen nicht zuletzt die jüngsten Akquisen der US-Riesen: Yahoo kaufte Flurry für 148 Millionen Euro, Microsoft investierte einen hohen Millionenbetrag für Capptain. Nur Facebook hat dieses Problem nicht. Die Nutzer loggen sich ein und geben selbst ihre Daten preis. Hier wird es am deutlichsten: Für kostenfreie Services zahlen User mit Daten.