
User Experience:
UX-Analyse: Wie gut ist Kayak?
Die UDG United Digital Group testet exklusiv für W&V ab sofort die User Experience bekannter Webseiten. Im ersten Check analysiert sie das Reiseportal Kayak.

Foto: UDG
Auf den ersten Blick machen viele Webseiten einen gelungenen Eindruck. Doch wie sieht es bei der UX aus, die nur Experten beurteilen können? Markus Lucht ist Managing Partner bei UDG United Digital Group und verantwortet den Bereich (User) Experience. Der 41-Jährige ist als ehemaliger Geschäftsführer einer der Gründungsagenturen (BB&K) ein Eigengewächs der UDG. Hier seine Analyse des Reiseportals Kayak:
Kayak gilt mit über einer Milliarde Suchanfragen jährlich als eine der weltweit führenden Reisesuchmaschinen. Doch der Markt ist stark umkämpft: Kayak muss sich in Deutschland gegenüber internationalen Wettbewerbern wie Expedia mit Trivago und Hotels.com oder Tripadvisor sowie gegenüber deutschen Konkurrenten wie ProSiebenSat.1 (weg.de, billiger-mietwagen.de und Discavo) oder Holidaycheck und Mietwagencheck von Hubert Burda Media behaupten.
Die Startseite sieht ansprechend aus, Tools wie "Trips" zur Planung oder "Explore", bei dem der Nutzer Budget sowie Interessen eingeben kann und anschließend entsprechende Vorschläge erhält, wirken innovativ. Doch wie gut ist die User Experience von kayak.de tatsächlich - und hält sie, was Kayak verspricht, nämlich "Reiseplanung ganz unkompliziert"?
Die Schwachstelle von Kayak
Die Usability (2,0 Punkte) bildet die Basis für eine gute User Experience. Doch genau hier liegt die größte Schwachstelle der Kayak-Website. Damit Nutzer ihr Ziel nicht nur effektiv, sondern auch effizient erreichen, ist ein einheitliches Konzept in Bezug auf Design, Inhalt, Interaktion und Verhalten entscheidend. Die Konsistenz wird auf der Website jedoch stark vernachlässigt. Gleiche Funktionen und Informationen werden unterschiedlich dargestellt, platziert und benannt - und auch die Navigation ist in sich nicht stimmig.
Im Bereich Barrierefreiheit muss die Website ebenfalls stark aufholen. Alt- und Title-Tags sowie die Navigation per Shortcuts und Accesskeys wären wichtige Schritte in die richtige Richtung. Die Website bietet kaum Korrektur-Vorschläge oder Automatismen für eine einfache Fehlerkorrektur, Fehlermeldungen passen teilweise nicht zum Kontext. Bei einem Rechtschreibfehler im Flughafennamen erscheint: "Sie haben keinen Flughafen angegeben".
Bei der Content Quality (3,3 Punkte) schneidet die Website deutlich besser ab. Kayak stellt dem Nutzer viele wichtige Informationen für die Reisesuche und -planung zur Verfügung. Diese können über Verlinkungen vertieft und über Filter individuell eingestellt werden. Das Blog und besonders das Magazin bieten zusätzlich nützliche Informationen wie Reisetrends und Tipps.
Allerdings besteht noch großes Optimierungspotenzial in der Strukturierung und einheitlichen Anordnung des Contents. Darüber hinaus ist Transparenz ein weiteres wichtiges Thema. So sollte beispielsweise der Gesamtpreis stets direkt sichtbar sein und nicht erst durch ein Mouse Over eingeblendet werden. Die multimediale Vielfalt der Website ist im Vergleich zum Wettbewerb nur durchschnittlich.
Ist die Website nützlich und performt gut? Im UX-Check erhält Kayak für Utility 3,7 Punkte. Die Website weist eine gute Performance auf und erfüllt die Intention der Reisesuche und -planung vollständig. Auch die Dialoge sind meist einfach zu verstehen, eine Anmeldung über Social-Media-Logins ist möglich. Durch die nicht immer klare Struktur ist die Website jedoch wenig effizient darin, dem Nutzer den kürzesten Weg zu weisen. Dazu kommt, dass sich die Website teilweise entgegen den Erwartungen des Nutzers verhält. So sind beispielsweise Call-to-Action-Elemente ungewohnt links platziert oder Karten nur über +/- steuerbar.
Im Bereich Brand Perception erhält Kayak 3,7 von fünf Punkten. Positiv fällt auf: Die Marke wird in einem ausgewogenen Maß auf der Website dargestellt. Das Logo ist auf allen Unterseiten präsent und die CI-Farbe wird durchgängig für Call-To-Action Elemente genutzt. Das Blog sowie das Magazin geben der Marke zudem eine persönliche Note.
Wie man das Markenerlerbnis verbessern könnte
Das Markenerlebnis hingegen ist eher neutral und weckt keine positiven Emotionen. Denn die Nutzer finden zwar Angebote und günstige Reisen, aufgrund der fehlenden Übersicht ist die Suche jedoch etwas beschwerlich, sodass kein Flow entsteht. Da die Nutzer außerdem schnell zu den jeweiligen Anbietern weitergeleitet werden, wird kaum eine "Bindung" an die Marke geschaffen. Eine Lösung könnte sein, Magazin und Blog mehr in den Vordergrund zu stellen, die den Nutzer zum Verweilen einladen und ihn anregen, sich intensiver mit den Inhalten zu beschäftigen.Dennoch schafft es Kayak, sich von den meisten Wettbewerbern zu differenzieren, da es mehr Reisemöglichkeiten als die Konkurrenz abdeckt und eigene Tools anbietet.
Durchschnittlich schneidet das Reiseportal bei Joy of Use (3,3 Punkte) ab. Zwar ist die Website angenehm interaktiv und die Tonalität authentisch und passend für den Reisekontext. Insgesamt könnte der Nutzer aber noch aktiver angesprochen werden – zum Beispiel mit "Du brauchst einen Mietwagen in Amsterdam? Finde mit uns das richtige Auto zum besten Preis" statt "Finde günstige Mietwagen".
Mit der Funktion "Explore" und der Unterscheidung zwischen Businessreisen und Urlaub auf der Startseite geht Kayak in die richtige Richtung für einen zielgruppenspezifischen Einstieg. Hier könnte die Website noch weitergehen und beispielsweise internationale Business-Travel-Informationen bereitstellen oder Hotels anzeigen, welche besonders beliebt bei Geschäftsreisenden sind. Auch der Einstieg nach Typen von Reisenden wie Backpacker, Umweltbewusste, Familien oder Luxus statt nur nach Interessen wie Strand oder Weltwunder wäre eine Option.
Die Website bietet verschiedene interaktive Elemente wie Schieberegler, interaktive Karten mit Umgebungsinfos, Tripplanung oder Flug verfolgen, die eine aktive Beteiligung fördern. Inhalt und Funktionen zeichnen sich jedoch nicht durch Innovationen aus.
"Reiseplanung ganz unkompliziert" – unser User Experience Check zeigt, dass es doch nicht ganz so einfach ist. Die Website bietet zwar mit ihren Tools, Blog und Magazin viele gute Ansätze, interessante Funktionen und detaillierte Informationen. Für eine positive User Experience müssen diese jedoch konsistent, klar strukturiert sowie barrierefrei umgesetzt und noch stärker am Nutzer ausgerichtet werden.
Zur Methodik: Untersucht wurde im Februar 2017 die User Experience anhand der fünf Hauptkriterien Usability, Content Quality, Utility, Brand Perception und Joy of Use in jeweils drei Unterkriterien. In den Unterkriterien werden jeweils bis zu fünf Punkte vergeben, deren Mittel dann die Punktzahl des Hauptkriteriums bildet. Deren Durchschnitt wiederum ergibt das Gesamtergebnis von maximal fünf Punkten.