Technik-Kolumne:
TechTäglich: Videochats machen uns hässlich
Vor dem Mittagessen die wichtigsten Meldungen des Tages – das ist TechTäglich, die Technik-Kolumne von W&V. Heute mit Optik-Problemen in Zoom und mit sensationellen ersten Tests der M1-Macs.
Videochats machen uns hässlich
Das neue Phänomen heißt "Zoom-Dysmorphie". Und viele Home-Office-Nutzer – wenn nicht sogar die meisten – kennen es. Wer per Videochat kommuniziert, neigt häufig dazu, sich auf dem Kamerabild unattraktiv bis hässlich zu finden. US-Forscher haben jetzt erstmals untersucht, wie belastend es sich auf die menschliche Psyche auswirkt, wenn man sein eigenes Gesicht über längere Zeit auf dem Bildschirm vor sich sieht. Demnach geben Patienten in Hautkliniken als Grund für ihren Behandlungswunsch immer öfter an, dass sie mit ihrem Aussehen in Videokonferenzen unzufrieden sind. Häufig genannt werden dabei Falten, unreine Haut, Haarverlust und eine zu rundliche Gesichtsform.
Die Wissenschaftler des Boston Dermatology Institute, des Massachusetts General Hospital und der Uni Harvard haben zudem festgestellt, dass seit dem Ausbruch von Corona auf Google Suchanfragen nach Begriffen wie "Akne" oder "Haarausfall" zunehmen. Hinter der "Zoom-Dysmorphie", so der Standard, stecken die Eigenheiten der menschlichen Psyche: Je länger wir auf unser Gesicht schauen, desto mehr fallen uns vermeintliche Makel auf. Aber auch die geringe Brennweite vieler Webcams spielt eine Rolle. Sie lässt Nasen größer und Gesichter voller erscheinen. Eine neue Webcam, bessere Beleuchtung im Home Office oder auch die Beauty-Filter vieler Programme können helfen. Die US-Forscher raten dazu, dass die Hersteller von Hard- und Software ihre Nutzer darüber informieren, dass das Kamerabild nicht zwingend der Realität entspricht.
Erste Tests: Apples neue Rechner blasen alles Mac
Rechtzeitig zum Erscheinen der ersten Mac-Computer mit Apples eigenem M1-Chip in dieser Woche haben die Tech-Journalisten aus den USA jetzt ihre Tests veröffentlicht. Und genau genommen handelt es sich um gar keine Tests – sondern um Hymnen. Denn die Rechner sind offenbar tatsächlich so absurd schnell und sparsam, wie es Apple letzte Woche in seiner Präsentation versprochen hat. "Die ersten M1-Macs blasen den Testern die Socken weg", staunt CultOfMac in seiner Zusammenfassung. Und TechCrunch hat schlechte Nachrichten für den bisherigen Chip-Lieferanten: "Apples neues MacBook Pro zeigt solche eindrucksvollen Tempo-Steigerungen, dass es Intel-Chips über Nacht überflüssig aussehen lässt."
iMore hat festgestellt, dass das neue MacBook Air (ab 1.100,50 Euro), also traditionell nicht gerade ein Hochleistungsrechner, Apps in Xcode schneller kompiliert als Apples mindestens 5.360,35 Euro teurer Profi-Computer iMac Pro. Mehrere Tester betonen, dass selbst noch nicht angepasste Intel-Programme auf den M1-Macs per Emulation mit Apples Übergangs-Werkzeug Rosetta 2 schneller laufen als auf den bisherigen Intel-Rechnern. Und teilweise haben die Journalisten die neuen MacBooks über mehrere Tage getestet – ohne dass sie den Akku auch nur einmal nachladen mussten. Fazit von Verge-Tester Dieter Bohn: "Das MacBook Air leistet jetzt so viel wie ein Profi-Laptop."
Teufel bringt die smarte Stereoanlage
Die meisten Nutzer hören Musik heute per Smartphone – entweder direkt am Handy, oder mit drahtlos verbundenen Lautsprechern. Und das Wort "Stereoanlage" klingt muffig, nach den 80er Jahren des vergangenen Jahrhunderts. Deshalb nennt der Berliner Audiospezialist Teufel seine Neuentwicklung auch nicht Stereoanlage, sondern "Musicstation". Aber im Endeffekt geht es um das gleiche: Um ein kompaktes Gerät mit CD-Player, Radio und Streaming, das exzellente Klangqualität bietet. Also doch Stereoanlage 2.0.
Weil Teufel festgestellt hat, dass die CD bei vielen Musikfans immer noch beliebt ist, hat die Musicstation für den Retro-Faktor tatsächlich noch einen CD-Player eingebaut. Der Rest der Technik ist allerdings topaktuell. Die Anlage streamt Spotify, Amazon Music und Internetradio. Per Bluetooth lassen sich Smartphones verbinden, um zum Beispiel auch Apple Music, Deezer oder Youtube hören zu können. Radio mit DAB+ und UKW ist ebenso an Bord wie Alexa-Sprachsteuerung und Bedienung mit der Teufel-App für iOS und Android. Sechs Lautsprecher mit insgesamt 100 Watt Ausgangsleistung sorgen laut Hersteller für "einen breiten, ausgewogenen Sound mit warmen Bässen bei hoher Sprachverständlichkeit". Die Musikanlage mit Retro-Touch, die sogar als guter alter Radiowecker funktioniert, gibt es in weiß und schwarz für 487,39 Euro.
Google macht Gmail weniger intelligent
Google ist berühmt dafür, dass es seinen Nutzern das Leben so einfach wie möglich machen will. Und es ist berüchtigt für sein exzessives Datensammeln. In den meisten Fällen hängt beides zusammen. Denn viele der praktischen Assistenz-Funktionen werden nur dadurch möglich, dass Google einen Kunden genau "kennenlernt" und auswertet, wie er das Internet und die Google-Dienste nutzt. So entstehen beispielsweise die "Smart Features" im E-Mail-Dienst Gmail – die wie durch Zauberhand automatisierte Antworten, bereits vorgefertigte E-Mails oder den Datenaustausch mit dem Kalender ermöglichen.
Das klappt nur, weil Google die Gmail-Nutzung automatisiert beobachtet und auswertet. So erinnert das Programm dann beispielsweise an fällige Rechnungen, die es in E-Mails gefunden hat. Nutzer, die das beunruhigend bis gespenstisch finden, können Gmail nun weniger schlau machen. Dafür bietet Google zwei neue und einfach zu findende Einstellungen an. Mit der ersten Option lassen sich die smarten Gmail-Funktionen komplett abschalten. Google beobachtet das Mailen dann nicht mehr – und der Nutzer ist beim Schreiben und Antworten (gottlob) wieder auf sich allein gestellt. Mit der zweiten Einstellung lässt sich der Datenaustausch zwischen den Programmen Gmail, Chat und Meet stoppen, mit dem Google seine Nutzer besser "kennenlernen" will. Die neuen Funktionen, mit denen Google Datenschützern entgegenkommt, sollen laut Blogeintrag in den nächsten Wochen weltweit verfügbar sein.
Gemälde aus dem Jahr 1860 – mit Smartphone?
Menschen, die mehr auf ihr Smartphone schauen als auf die Welt um sich herum – sie sind allgegenwärtig. Aber womöglich ist das Phänomen gar nicht neu, sondern stammt bereits aus dem 19. Jahrhundert. Twitter diskutiert jetzt jedenfalls über ein Gemälde aus dem Jahr 1860, auf dem sich ein Mädchen womöglich mit einem sehr frühen Instagram beschäftigt. Twitter-Nutzerin Darla Donna ist überzeugt: "Das Gemälde 'Die Erwartete' von Ferdinand Georg Waldmüller aus dem Jahr 1860 zeigt ganz klar eine zeitreisende Frau mit ihrem iPhone. Es ist erstaunlich, was für inspirierte Visionen Künstler haben können."
Und tatsächlich zeigt das Gemälde des Wiener Malers Waldmüller, das in der Neuen Pinakothek in München hängt, die typische Kopf- und Handhaltung der Smartphone-Generation des 21. Jahrhunderts. Genauere Analysen der Münchner Kunstexperten lassen allerdings vermuten, dass das Mädchen vor 160 Jahren doch noch nicht über das frühe Vorserienmodell eines iPhones verfügte: "An einem Sommertag wartet ein Junge mit Rosen auf seine Liebe im Schatten des Waldes. Während der Junge voll Hoffnung zu ihm sieht, blickt das Mädchen mit seinem blühenden Gesicht in Gedanken auf ihr Gesangbuch." Liederbuch statt iPhone – die Geschichte des Handys muss also doch nicht neu geschrieben werden.