Peer Stemmler, Zoom:
Teamführung in der neuen Arbeitskultur
Wenn dezentrales Arbeiten dominiert, müssen Unternehmen die Zusammenarbeit umorganisieren. Das gelingt nur, wenn die Grundlagen stimmen. Die neue Führungskultur braucht drei Säulen, findet Peer Stemmler, Zoom.
Werden Wissenschaftler gefragt, welche Eigenschaften unsere Spezies so viele Jahrtausende hat überdauern lassen, lautet ein Teil der Antwort höchstwahrscheinlich: Anpassungsfähigkeit. Menschen sind in der Lage, sich auf die ungewöhnlichsten Bedingungen einzustellen. Und falls es noch einen Beweis dafür brauchte, dass das auch auf die moderne Arbeitswelt zutrifft – das Jahr 2020 hat ihn eindrucksvoll geliefert.
In den vergangenen Monaten haben sich Arbeitnehmer daran gewöhnt, ihre Jobs von zuhause aus zu erledigen, anstatt im stressigen Berufsverkehr zur Arbeit zu pendeln. Unternehmen wiederum haben die Erfahrung gemacht, dass ihre Mitarbeiter im Homeoffice genauso engagiert sind wie im Büro.
Die Corona-Krise ist zu einer Art Turbo-Beschleuniger für die Digitalisierung geworden. Das verändert zahlreiche Branchen und Geschäftsmodelle nachhaltig. Unternehmen müssen sich entscheiden, wie sie Zusammenarbeit künftig organisieren wollen, wenn dezentrales Arbeiten auch dank neuer Technologien zum weltweiten Standard wird.
Peer Stemmler, Deutschlandchef von Zoom, nennt seine drei Vorschläge für eine neue Arbeitskultur:
Empathie zeigen
Beziehungen lassen sich nur zu Menschen aufbauen, mit denen man regelmäßig Kontakt hält. Für Führungskräfte bedeutet das eine ehrliche, offene und vor allem kontinuierliche Kommunikation mit Teammitgliedern zu pflegen. Profis raten: "Just check in and chat!" – einfach öfter mal melden und miteinander reden. Videokonferenz-Tools helfen dabei, im wahrsten Sinne des Wortes zu sehen, wie es allen geht.
Dafür braucht es nicht jedes Mal einen konkreten beruflichen Anlass. Die Frage, wie es der Familie geht, oder ob der kleine Motivationsknick aus der vergangenen Woche überwunden ist, kann ebenso ein guter Gesprächsauftakt sein und demonstriert Empathie.
In erster Linie geht es darum, einen vertrauensvollen Umgang miteinander zu stärken. Dafür sollten Teamleiter auch die individuellen Umstände berücksichtigen, unter denen Kollegen von zuhause arbeiten. Wird öfter abends gearbeitet, weil die Kinder tagsüber Aufmerksamkeit fordern? Ist jemand vielleicht ganz auf sich gestellt und fühlt sich isoliert?
Offenheit hilft dabei, Probleme anzusprechen, bevor sie zum Konflikt werden – und gemeinsam nach Lösungen zu suchen. Dazu gehört übrigens auch die Einsicht, dass man selbst unter Stress steht, mit der neuen Situation umzugehen.
Sicherheit vermitteln
Wer sich in seinem Arbeitsalltag sicher fühlt, dem fällt es sehr viel leichter, qualitativ hochwertige Arbeit abzuliefern und Deadlines einzuhalten als jemandem, der das Gefühl hat, permanent unter Druck zu stehen. Damit sich jedes Teammitglied auf seine wichtigsten Aufgaben konzentrieren kann, sollten Führungskräfte das Stress-Level im Homeoffice steuern – etwa indem sie vermitteln, dass es okay ist, gerade nicht perfekt zu sein.
Hier ein paar Tipps:
❖ Während des Video-Meetings läuft im Hintergrund der Nachwuchs oder das Haustier durchs Bild? Das ist den meisten von uns auch schon passiert – und völlig okay, sofern daraus keine dauerhafte Ablenkung wird.
❖ Außerhalb der gewohnten Büroatmosphäre fällt es schwer, Aufgaben zu priorisieren? Gemeinsam lässt sich festlegen, was zuerst erledigt werden soll und was zu schaffen ist.
❖ Nicht zuletzt geht es auch darum, Fehler zu akzeptieren, die angesichts der für viele immer noch ungewohnten Situation naturgemäß passieren. Geduld ist besser als Druck.
Oft hilft es, ganz konkret nachzufragen: Wie hast du dir deine Arbeit in der vergangenen Woche eingeteilt? Was funktioniert für dich, und was noch nicht so gut? Welche Unterstützung wünschst du dir? So können sich Mitarbeiter daran gewöhnen, dauerhaft mehr Selbstverantwortung für die Organisation ihrer Arbeit zu übernehmen.
Um Überlastung und Burnout vorzubeugen, sollte zudem von vornherein klar kommuniziert werden, dass Arbeiten aus dem Homeoffice nicht bedeutet, rund um die Uhr für den Job erreichbar sein zu müssen.
Teamgeist stärken
Teamgeist ist ein wesentlicher Bestandteil der neuen Arbeitskultur – erst recht, wenn sich nicht alle täglich im Büro über den Weg laufen. Regelmäßige Konferenzen sind dafür genauso entscheidend wie Gelegenheiten, bei denen trotz räumlicher Distanz ein lockerer Austausch zwischen den Kollegen möglich ist.
Die Kaffeepause per Video-Meeting ist dafür eine prima Gelegenheit – und führt vielleicht zu dem Geistesblitz, den es für das neue Projekt gebraucht hat. Beim virtuellen Feierabend-Treff lassen sich in ungezwungener Atmosphäre Tipps und Rituale zur Gestaltung des Arbeitsalltags austauschen. Dadurch fällt der Umgang mit Herausforderungen leichter. Wer die Erfahrung macht, dass andere um Hilfe bitten, fragt auch selbst eher danach.
Inzwischen experimentieren immer mehr Unternehmen damit, Teambuilding-Aktivitäten in digitaler Form anzubieten – vom virtuellen Quiz bis zum Karaoke. All das hilft dabei, die soziale Komponente des gemeinsamen Arbeitens aufrechtzuerhalten und die Moral zu stärken.
Fazit:
Die veränderte Arbeitswelt verlangt Führungskräften, Angestellten und Unternehmen gleichermaßen Anpassungsfähigkeit ab. Die bisherige Präsenzkultur wird grundlegend infrage gestellt. Aufhalten lässt sich diese Entwicklung nicht mehr. Im Gegenteil: Firmen müssen sich darauf einstellen, dass ihre Mitarbeiter künftig verstärkt nach Arbeitsmodellen fragen, die ihnen mehr Freiraum ermöglichen als bisher.
Mit den richtigen Antworten können sie nicht nur dafür sorgen, dass Teams in Zukunft genauso zufrieden und effizient arbeiten wie bisher. Sie steigern dadurch auch ihre Attraktivität gegenüber potenziellen Mitarbeitern, die Flexibilität als wesentliches Entscheidungskriterium für ihre Bewerbung sehen.
Zum Autor: Peer Stemmler ist Deutschlandchef von Zoom und leitet seit Oktober 2019 das Vertriebsteam im DACH-Raum. Er verfügt über jahrelange Erfahrung im Bereich Videotelefonie und -konferenz und lebt mit seiner Familie in Wuppertal.