
TV-Kritik: Gespannt auf Harald Schmidts "geiles Material"
Harald Schmidt ist zurück bei Sat.1 - und stimmt einen echten Fan froh. W&V-Redakteur Sebastian Feuß über das Schmidt'sche Revival beim Kuschelsender.
Jetzt ist er also zurück, auf seinem einstigen Kuschelsender Sat.1: Harald Schmidt. Und die Sendercomeback-Show gelang "Dirty Harry" ohne Zweifel. Ein launiger Monolog, zwei Selbstläufer-Gäste und ein Musik-Act aus der oberen Liga. Glaubt man Schmidt, erlebt der Zuschauer am Mittwochabend aber noch eine Steigerung. Denn der selbsternannte Late-Night-König hat noch massig "geiles Material" vom Premieren-Abend am Dienstag übrig, wie er selbst nach dem Dialog mit Überraschungsgast Oli Dittrich sagte. Offenbar war das Gag-Duell – eine Mischung aus ein bisschen abgenudeltem Altherrenwitz und originellen Wortspielereien, die sich wohl nur zwischen zwei gut aufgelegten Top-Comedians ergeben können – länger geraten als geplant.
A propos Dittrich. Ein neuer Sidekick sei denkbar, hat Schmidt in einem seiner gefühlt 1000 Interviews im Vorfeld der Show gesagt. Sowas könne man aber nicht erzwingen, es müsse sich ergeben. Nun ist Dittrich zwar selbst als Comedian eine große Nummer – und daher als kleiner Sidekick à la Manuel Andrack ungeeignet und verschenkt. Vielleicht ist es aber eine gute Idee, ihn in loser Folge auf Schmidts Late-Night-Parkett zu schicken. Ähnlich wie dies zu ARD-Zeiten mit dem semilustigen Eckhardt von Hirschhausen eine Zeit lang probiert wurde.
Late Night pur – das ist nun offenkundig die Marschrichtung in Sat.1. Und das tat der Show sichtbar gut: Im Stand-up arbeitete sich Schmidt zunächst an Günther Jauchs ARD-Einstand ab. Dass dessen Talkshow wie ein öffentlich-rechtliches "Stern TV" dahergekommen sei, könne er nicht nachvollziehen. Schließlich hätte Jauch dann einen traumatisierten Schäferhund gestreichelt, der nicht mehr bellt, sondern miaut. In dem Zusammenhang trat Schmidt gleich noch seinem alten Arbeitgeber vors Schienenbein. "Dust Lady" Anne Will gehöre jetzt der Sonntagabend wieder selbst. Sie habe sich ja auf den Mittwoch retten können, sagte Schmidt. In einem kurzen Einspielfilm war die einstige Talk-Queen dann zu sehen, wie sie vor dem Fernseher auf der Couch grün anläuft und sich auf die Mattscheibe übergibt. Im Ersten reihere man in die ersten Sitze.
Dass eine Late-Night-Show nicht nach hinten raus abflacht, dafür sorgen im Idealfall die Talk-Gäste. Ob es dem Schmidt-Team künftig immer gelingen wird, Top-Gäste ranzuholen, wird sich zeigen. Mit Hape Kerkeling hat es jedenfalls zum Auftakt geklappt – auch wenn der seidenbeschalte Komiker ein bisschen schnöselig daher kam. Interessant war Kerkeling schon deshalb, weil sich die Gerüchte hartnäckig halten, er könne der neue "Wetten, das …"-Moderator sein. Und mit diesem Thema wurde im Laufe des Gesprächs immer wieder subtil-süffisant gespielt. Gleich zu Beginn sprach Kerkeling selbst davon, am Schluss des Gesprächs etwas anzukündigen, das mit einer großen Show zu tun habe. Auch wenn da bereits klar war, dass es sich garantiert nicht um die Moderation der ZDF-Show handeln würde, ergab sich trotzdem noch ein Gag: Er, Kerkeling sei im Januar Gast bei "Tiedjen und Hirschhausen" im Dritten. Ob denn schon klar sei, wer ihn interviewe, wollte Schmidt wissen. Wahrscheinlich aber nicht, vermutete Schmidt. Denn vermutlich müsse dies erst eine Intendantenkonferenz klären.
Fazit: Ein guter erster Late-Night-Abend, der Sat.1 auch klasse Quoten brachte. Insgesamt schalteten 1,39 Millionen ein. Bei den 14- bis 49-Jährigen erzielte die Show einen Marktanteil von 14,1 Prozent, bei allen 11,6 Prozent. Damit kann Sat.1 recht zufrieden sein. Aber am heutigen Mittwochabend wird es ja bestimmt noch mehr - bei der Masse an "geilem Material".