
TV-Kritik "Das perfekte Model": Transen und Tränen
Die neue Vox-Modelshow will ganz anders sein als Heidi Klums gandenloses Casting bei "GNTM". W&V-Online-Redakteurin Julia Kloft hat bei der Vox-Show mit Eva Padberg und Karolína Kurková allerdings viele Déjà-Vu-Momente.
Die Antwort auf die zentrale Frage zuerst: Ja, die Vox-Show “Das perfekte Model” ist natürlich eine Kopie von ProSiebens “Germany's next Topmodel”. Die gleichen Szenen, wenn glückliche Kandidatinnen strahlend von der Jury zurückkehren (“Ich bin weiter!”). Der gleiche "Schockmoment“, als den Auserwählten der ersten Runde noch weitere Konkurrenz vorgestellt wird – nicht eine, sondern gleich eine gute Handvoll weiterer junger Mädchen. Sogar für "GNTM"-Laufstegtrainer Jorge gibt es ein Pendant: Blondine Keri Jackson, die eigentlich Bane heißt und ein Mann ist, legt vor der Jury den besten Walk hin und darf - zumindest für die erste Folge - mitmachen.
Aber eigentlich will "Das perfekte Model“ ganz anders sein als das ProSieben-Vorbild – intimer, glaubwürdiger und niemanden vorführend, wie Karolína Kurková im Vorfeld geäußert hat. Und so begeben sich die Jury-Models betont auf Augenhöhe der Bewerberinnen. (Kurková zu Kandidatin Johanna, genannt Storchi: "Ich hab mich früher auch immer für meine Größe geschämt.“) Als eine 16-Jährige am zweiten Tag wieder abreist, weil ihr der Druck zu groß ist und sie ihre Familie vermisst, kommen auch Kurková kurz die Tränen, weil sie an ihren kleinen Sohn denkt. An sich sympathisch – wenn sich der Gedanke nicht so aufdrängte, dass "Das perfekte Model“ hier wieder zeigen will, wieviel authentischer es ist als Heidi Klums gnadenlose Show. Das wirkt zuweilen sehr gewollt.
Doch selbstverständlich imitieren auch Eva Padberg und Kurková Mädchen, die einen merkwürdigen Gang haben, und sparen nicht mit deutlichen Worten ("Du bist zu muskulös!“). Differenzierungsmerkmal: Padberg und "KK" duellieren sich. Als nächstes wird jede Jurorin je zehn Mädchen in ihr Team wählen, und dann geht es darum, wer besser darin ist, seine Kandidatinnen fit für den Catwalk zu machen. Wie der Wettstreit genau aussehen soll, wenn am Ende doch beide zusammen entscheiden, wer in die nächste Runde kommt - unklar.
Jedenfalls suchen beide getrennt voneinander zusätzliche "High Potentials" an der Uni, im Krankenhaus oder im Einkaufszentrum. Kurková geht dabei auch in einer Modelagentur auf die Pirsch und schnappt sich gleich ein Nachwuchsmodel. Gilt das? Gewöhnungsbedürftig ist auch die Tatsache, dass das Englisch der Tschechin ständig per Voice-over ins Deutsche übersetzt wird.
Beim Marktanteil zumindest bleibt noch Luft nach oben: Auf 7,8 Prozent (810.000 Zuschauer) schafft es "Das perfekte Model" (Start: 21:15 Uhr) in der Zielgruppe der 14- bis 49-Jährigen - gerade mal 0,4 Prozentpunkte über Januarschnitt. Zum Vergleich: "GNTM" war zum Auftakt der sechsten Staffel im März 2011 auf 18,5 Prozent Marktanteil gekommen. Und bei Daniela Katzenberger, die vor den Vox-Models in ihrer Show "Natürlich blond" noch Laufstegtraining von Kurková und Padberg bekommen hat, verbucht 10,9 Prozent (2,2 Millionen Zuschauer).