
Studie: Nutzung von iPad-Apps unnötig schwierig
Das Fehlen einheitlicher Standards verhindert die intuitive Bedienung von Verlagsangeboten auf dem iPad. Zu diesem Schluss kommt das Berliner Goldmedia-Institut, das heute, am 11. November, seine Ergebnisse vorstellt.
Die gute Nachricht ist, dass immer mehr Verlagshäuser ihre Print-Titel als App für das iPad anbieten. Die schlechte allerdings: Da es bishlang keine einheitlichen und intuitiven Nutzungsstandards gibt, haben die Leser häufig Probleme bei der Bedienung. Das zeigt die Analyse „Navigation in News-Apps für iPad & Co. Auf der Suche nach nutzerfreundlichen Standards“, die das Berliner Marktforschungsinstitut Goldmedia Custom Research heute auf dem World Usability Day vorstellt.
Christoph Schwab, Head of Research der Goldmedia Custom Research und Projektleiter der News-App-Analyse, fasst zusammen: „Eine durchgängig logische Bedienbarkeit ist bislang nicht erkennbar. Damit haben Digital Natives sicher weniger Probleme, für alle anderen aber sind Standards und einheitliche Navigationsarchitekturen sehr wichtig.“
Erhebliche Unterschiede der Angebote - wie "Bild", "Spiegel", "Frankfurter Rundschau", "Welt", "Zeit" oder "Focus Online" - gebe es bei der Attraktivität und Benutzerführung der Apps: Mal sind sie wie ein Printmagazin gebaut, mal wie eine Website, werden durchgeblättert oder -gescrollt, vertikal oder horizontal. Bilder werden auf unterschiedliche Art vergrößert, etwa mit zwei Fingern, mit einem Finger oder gar nicht.
In einer Inhaltsanalyse der Top-20-Nachrichten-Apps für das iPad in Deutschland (Oktober 2010) hat Goldmedia vier Navigationstypen identifiziert:
- Apps im Printstyle (Printmetapher): Diese sind angelehnt an das Zeitunglesen mit horizontalem Blättern, häufig noch unterstützt durch ein virtuelles Zeitungs-/Zeitschriftenregal (Beispiel: iKiosk der Axel Springer AG).
- Der zweite App-Typ (Onlinemetapher) orientiert sich an der Website-Nutzung mit vertikalem Scrollen und oberer Navigationsleiste (Beispiel: Focus Online). Beide Formen sind derzeit am häufigsten zu finden.
- Daneben gibt es Hybridformate (dritter Typ), die dem Nutzer zwei Ansichtsmöglichkeiten bieten: ein PDF-Äquivalent der Printausgabe mit horizontalem Blättern und zusätzlich einen Text-Lesemodus mit vertikalem Scrollen (Beispiel: Handelsblatt).
- Als vierte Gruppe lassen sich neue Formen bündeln, die die Nutzungselemente der Zeitung, die Interaktivität des Internets und diverse Multimedia-Elemente miteinander verbinden (Beispiel: Frankfurter Rundschau, Wired).
In einem qualitativen Nutzertest von Goldmedia (Online-Nutzerbefragung (n=27), Usability-Test (n=7) und Auswertung entsprechender Internetforen) kamen die Apps, die neue Formen und Darstellungsmöglichkeiten bieten, am besten an. Die Nutzer wollen, so die Studie, einen Mehrwert gegenüber den Printausgaben und erwarten, dass die Vorzüge der Tablet-Computer in den Apps eingesetzt werden. Die Nutzer bevorzugten zudem auf dem iPad das Querformat.
Großen Einfluss auf die Nutzungserwartung hat Goldmedia zufolge die Erfahrung: Wurde die Funktionsweise einer App erst einmal verstanden, wird sie auch bei anderen vorausgesetzt. Intuitiv versuchten die User zum Beispiel Bilder Apple-typisch mit zwei Fingern zu zoomen. Funktionierte dies nicht, probierten sie andere Funktionstechniken aus, oft jedoch erfolglos. Die Nutzer wünschen sich offenbar mehr Homogenität oder die Zulässigkeit verschiedener Bedienpraktiken.Wichtige Funktionen der iPad-Apps werden von den Nutzern laut Untersuchung häufig als schwer empfunden, etwa wenn Symbole oder Bedienknöpfe zu klein oder nicht eindeutig interpretierbar sind, Scroll-Balken ausgeblendet sind oder es Vergrößerungs- und Markierungshilfen fehlen.