Dagegen stehe die Angst im Raum, dass ein offener Umgang mit dem Thema negative Folgen haben könnte. 17 Prozent geben an, dass Kollegen benachteiligt wurden, weil sie offen über psychische Krankheiten gesprochen haben.

"Stress alleine macht nicht krank, sondern kann sogar beflügelnd wirken", sagt Martin Keck, Chefarzt und Direktor der Klinik des Max-Planck-Instituts für Psychiatrie in München. "Entscheidend ist aber, dass sich Phasen der Anspannung und Entspannung abwechseln und mittelfristig im Gleichgewicht stehen." So sei als als Warnsignal zu verstehen, sagt der Arzt, "wenn man die Fähigkeit zur Regeneration verliert, man sich beispielsweise nicht einmal mehr im Urlaub erholen kann, ohne an die Arbeit zu denken".

Reden ist wichtig

Keck macht aber außerdem klar: Unternehmen seien heute stärlker sensibilisiert für die Burnout-Problematik; sie hätten "ein Interesse daran, dass ihre Leistungsträger wieder gesund werden bzw. gesund bleiben". Deshalb ist es besonders wichtig, dass Arbeitnehmer offen darüber sprechen. Martin Keck: "Zeitdruck, Arbeitsklima, dauernde Verfügbarkeit, aber auch eigene, überhöhte Ansprüche müssen auf den Prüfstand."

Frauen leiden stärker unter den Folgen von Stress - und Mobbing

Laut Linkedin-Studie spielt bei Stress am Arbeitsplatz das Geschlecht eine Rolle: Während sich 30 Prozent der Männer häufig oder immer gestresst fühlten, seien es bei den Frauen 37 Prozent. Bei 20 Prozent von ihnen löst darüber hinaus der bloße Gedanke an den Arbeitsplatz bereits Unwohlsein aus – unter den männlichen Kollegen haben nur 14 Prozent dieses Problem.

Hinzu kommt bei den Arbeitnehmerinnen: Knapp ein Drittel (31 Prozent) berichtet von negativen Auswirkungen durch Diskriminierung oder Mobbing im Job, unter den Männern ist es nur jeder Fünfte (21 Prozent).

Einen offeneren Umgang in Unternehmen mit dem Thema mentale Gesundheit empfiehlt Jochen Doppelhammer. Der Country-Manager und Leiter des Produktmanagements bei Linkedin für den deutschsprachigen Raum macht klar: "Mitarbeiter sollten nicht das Gefühl haben müssen, dass es sich um ein Tabuthema handelt." Stattdessen sollten sich die Menschen gegenseitig ermutigen, Probleme anzusprechen.

Nicht nur eine Frage der Gesundheit, auch der Wirtschaftlichkeit, macht Doppelhammer klar: "Das ist aus ethischen, genauso wie aus wirtschaftlichen Gründen wünschenswert, denn letztendlich sind glückliche und gesunde Mitarbeiter auch immer die besten Mitarbeiter."

Präventionsmaßnahmen wie Ausgleichsmöglichkeiten, Beratungsangebote sowie Sucht- und Mobbingprävention seien wichtig. Und, so Doppelhammer: "Dass Frauen häufiger unter Stress leiden und von Diskriminierung sowie Mobbing stärker betroffenen sind, ist beunruhigend und sollte besondere Beachtung finden."

An der Onlinebefragung Ende März nahmen gut 1000 festangestellte Berufstätige aus allen Branchen teil.


Autor: Susanne Herrmann

schreibt als freie Autorin für W&V. Die Lieblingsthemen von @DieRedakteurin reichen von abenteuerlustigen Gründern über Medien und Super Bowl bis Streaming. Marketinggeschichten und außergewöhnliche Werbekampagnen dürfen aber nicht zu kurz kommen.