Nach Schleichwerbe-Verdacht:
Skandal lieferte Idee: "Handelsblatt" verkauft Rubrik auf Seite drei
Seit Dienstag können Unternehmer nun offiziell auf der Seite drei des "Handelsblatts" ein Porträt kaufen. Im Frühjahr hatte die Offerte für Wirbel gesorgt ...
Im März dieses Jahres sorgte ein mutmaßlicher Schleichwerbefall beim "Handelsblatt" für Unruhe. W&V Online hatte über ein Angebot berichtet, wonach ein VHB-Mitarbeiter ein "Leserporträt" unter der Rubrik "Handelsblatt-Leser stellen sich vor" auf der Seite drei der Zeitung gegen Zahlung von 5000 Euro an. Das "Handelsblatt" dementierte jegliche Schleichwerbung und verwies auf den Fehler eines Außendienstmitarbeiters, der "fälschlicherweise die Nutzungsrechte (für die das Handelsblatt angeblich 5000 Euro verlangt A.d.R.) bereits vor dem Erscheinen des Artikels angeboten" habe. Ergänzend dazu erklärte damals "Handelsblatt"-Vertriebschef Thomas Gruber: "Ich möchte betonen, dass es sich bei der Rubrik ‚Leser stellen sich vor‘ um ein redaktionelles Angebot handelt und nicht um ein Geschäftsmodell oder eine Sonderwerbeform."
Seit diesem Dienstag wird nun diese Rubrik, die unter "Unternehmer stellen sich vor" firmiert, offiziell als Anzeige ausgewiesen. Unter der Überschrift "KTG Agrar SE – Vom Feld auf den Teller" stellt der Vorstandsvorsitzende Siegfried Hofreiter seinen Agrar-Konzern mit 100 Millionen Euro Umsatz vor – nach Informationen des W&V-Schwestertitels "Kontakter" zum Dumpingpreis. Für die prominent platzierte Anzeige auf der Seite drei und eine entsprechende Onlinepräsenz sollen lediglich 3000 Euro geflossen sein. Laut Frank Dopheide, Geschäftsführer der Verlagsgruppe Handelsblatt, ruft der Verlag jedoch 5900 Euro für die Anzeige und den Onlineableger auf.
Nun wirft die Transformation der Seite-drei-Rubrik zur Anzeige die Frage auf, warum das "Handelsblatt" nun doch aus der Rubrik ein Geschäftsmodell gemacht hat und ob bereits für das Vorgängerformat gezahlt wurde. Dopheide dementiert Letzteres: "Mit diesem Angebot erschließen wir uns eine ganz neue Zielgruppe: den kleineren Mittelstand." Die Seite drei sei ein "begehrter Platz, der viel Potenzial zur Vermarktung bietet". Der damalige Skandal um die angebliche Schleichwerbung, die keine gewesen sei, habe dem Verlag gezeigt, wie wertvoll die Rubrik aus vermarkterischer Sicht sei, so Dopheide gegenüber dem "Kontakter".
fze/gl