
Sinus-Milieustudie: Fast 40 Prozent digitale Outsider
Obwohl 80 Prozent der Bevölkerung technisch am Netz ist, können 27 Millionen Menschen (39 Prozent) mit dem Internet nicht viel anfangen. Sinus hat die Milieus der Internetnutzer genauer untersucht.
Die digitale Kluft in Deutschland istoffenbar noch größer als bisher angenommen Obwohl 80 Prozent der Deutschen technischen Zugang zum Internet haben, bleiben dennoch fast 40 Prozent digitale Außenseiter: 27 Millionen Menschen sind demnach offline oder zumindest stark verunsichert im Umgang mit dem Internet.
Dieses Fazit zieht eine Sinus-Milieustudie im Auftrag des Deutschen Instituts für Vertrauen und Sicherheit im Internet (DIVSI). "Der digitale Graben wird mit der Unterscheidung in Onliner und Offliner nur unzureichend beschrieben," sagt DIVSI-Direktor Martin Kammer. Es verliefen eher zwei Gräben durch die Gesellschaft hinsichtlich Nutzung und Einstellung gegenüber dem Netz. Einer zwischen zwischen den mit dem Internet Aufgewachsenen (Digital Natives ) und den deutlich skeptischeren digitalen Migranten, sowie der zu den digitalen Außenseitern.
Für die laut Sinus "internetfernen Verunsicherten" - oft ältere Menschen, aber nicht ausschließlich - ist das Netz vor allem eine Gefahrenquelle. Sie haben den Internetzugang oft nur auf Drängen ihrer Kinder. Sie sehen nicht, welchen Mehrwert das Internet für ihre Leben haben könnte. Zusammen mit dem Milieu der "ordungsfordernden Laien" (zwölf Prozent) glauben sie am stärksten, der Staat müsse für Sicherheit im Internet sorgen.
Dieser Meinung hängt allerdings auch die Mehrheit der digitalen Migranten an. Diese 20-Prozent-Gruppe (14 Millionen Menschen) setzt sich laut Sinus zu gleichen Teilen aus den "verantwortungsbedachten Etablierten" und den "postmateriellen Skeptikern zusammen. Für sie ist das Internet eher Mittel zum Zweck als Faszinosum. Sie stehen vielen Entwicklungen im Internet skeptisch gegenüber und nehmen die Themen Sicherheit und Datenschutz sehr ernst.
Ganz anders dagegen die Milieus der Digital Natives: Für diese 28 Millionen "unbekümmerten Hedonisten", effizienzorientierten Performer" und "digital Souveränen" - 41 Prozent der Bevölkerung - stellt die digitale Welt ganz selbstverständlich einen wesentlichen Teil des Lebens dar. Sie gehen in der Regel eher unbekümmert mit privaten Daten im Internet um und sind der Meinung, der Staat solle sich aus dem Thema Internetsicherheit heraushalten. Sie haben wenig Verständnis für Menschen, die sich im Internet nicht ebenso zuhause fühlen.
Für die Politik, die sich gerade an dem Anti Counterfeiting Trade Agreement (ACTA) und den Protesten dagegen abarbeitet, lässt sich aus diesen gegensätzlichen Haltungen jedenfalls kein Hinweis filtern, wie sich Sicherheit und Freiheit im Internet sinnvoll ausbalancieren ließen.
Das Hamburger Institut DIVSI wurde im vergangenen Jahr gegründet und wird von der Deutschen Post mitfinanziert. Es will Gesellschaft, Wirtschaft, Wissenschaft und Politik zum Thema Internetsicherheit vernetzen, Risiken elektronischer Transaktionen analysieren, um mehr Vertrauen ins Internet zu schaffen. Schirmherr war bislang der designierte Bundespräsident Joachim Gauck, seine Schirmherrschaft ruht derzeit allerdings.