
Siemens kämpft gegen das Hörgeräte-Stigma an
Immer mehr Menschen brauchen Hörgeräte, tragen aber keine. Die Hersteller kämpfen gegen Vorurteile. Siemens antwortet mit einer Kampagne.
Sie ist jung, hübsch und charmant: Shawnae Jebbia, das Testimonial der Siemens-Kampagne. Doch sie hat einen Makel: sie ist schwerhörig. Das geeignete Model für McCann Erickson und den Kunden Siemens, die Hörgeräte-Sparte zu bewerben.
"In unserer Branche werden Produkte verkauft, die viele anfangs nicht haben wollen, obwohl sie davon profitieren würden“, sagt Stefan Schaller, CEO der Audiology Solutions-Sparte bei Siemens. Das Unternehmen geht von weltweit 500 Millionen Menschen aus, die an Hörminderung leiden. Der Non-Profit-Organisation Hear-it zufolge leiden in Deutschland rund 10,2 Millionen Menschen an Schwerhörigkeit. Schätzungen zufolge trägt aber nur jeder vierte bis fünfte von ihnen ein Hörgerät.
Entstigmatisierung und Aufklärung heißen die Wege, die Siemens ab sofort mit einer weltweiten Kampagne beschreiten will. Ein Traum für Schaller wäre die gleiche Akzeptanz wie bei einer Sehhilfe: „Eine Brille ist akzeptiert und der Träger versteht sie oft sogar als modisches Accessoire.“ Auch wenn die Hörgeräte von heute so gut wie unsichtbar sind - ihnen haftet immer noch das Klischee der „braunen Banane hinterm Ohr“ an, wie Schaller es formuliert. Dagegen gilt es anzukämpfen. Auch wenn den Beteiligten klar ist, dass ein Bewusstseinswandel nur langsam vor sich gehen wird.
Eine ähnliche Strategie fährt auch die Konkurrenzmarke Phonak. Das Schweizer Unternehmen Sonova Holding AG bringt seine Hauptmarke seit rund drei Jahren mit der Kampagne „Hear the world“ ins Gespräch. Vor allem Musiker aber auch Schauspieler lassen sich als Botschafter mit der Hand am Ohr fotografieren. Der Fokus auf der Initiative liegt ebenfalls auf der Entstigmatisierung und dem Abbau von Vorurteilen. Allerdings verzichtet Sonova darauf, die Hilfsmittel selber in Szene zu setzen.
Anders Siemens: „Wir wollen zeigen, wie klein, diskret und innovativ Hörgeräte mittlerweile sind“, sagt Christian Franke, Vice President Marketing & Branding der Hearing-Sparte bei Siemens. Denn in einer verbreiteten Akzeptanz der Geräte sieht das Unternehmen das größte Wachstumspotenzial. Auch deshalb spricht Siemens die Kunden erstmals direkt an. Die Frage "Why miss a decibel of life?“ steht im Mittelpunkt der Kampagnen. Sie soll potenziellen Hörgeräteträgern bewusst machen: Eine Hörhilfe bedeutet vor allem Lebensqualität.