Gustavo Martinez:
Sexismus-Affäre: Wie WPP einen Skandal-CEO versorgt
Nach schweren Sexismus-Vorwürfen musste Gustavo Martinez als JWT-CEO zurücktreten. Während der Prozess in New York noch läuft, bezahlt WPP den Manager weiter. Nur die Boni sind weggefallen.
Seit anderthalb Jahren läuft vor einem New Yorker Bundesgericht ein Verfahren gegen den Ex-JWT-CEO Gustavo Martinez. Die langjährige Kommunikationschefin der Agentur, Erin Johnson, wirft ihrem früheren Chef zahlreiche sexistische Äußerungen und Drohungen vor.
Unter dem Druck der Vorwürfe war Martinez im März 2016 als JWT-Chef zurückgetreten. Die Trennung, so hieß es damals von Seiten der WPP-Mutterholding, sei im gegenseitigen Einvernehmen und im besten Interesse der Agentur erfolgt.
Wie nun allerdings im Rahmen des Prozesses bekannt wurde, bezahlt WPP dem umstrittenen Agenturmanager inzwischen wieder sein früheres (Grund-)Gehalt. Nur die Boni seien weggefallen. Einem Bericht zu Folge soll Martinez seit Januar für die WPP-Aktivitäten in Spanien verantwortlich sein. Die New Yorker Klägerin und ihre Anwälte sehen darin ein verheerendes Signal - nach innen wie nach außen. WPP spricht von einer Ad-hoc-Beschäftigung.
Martinez weist praktisch alle gegen ihn erhobenen Anschuldigungen zurück. Seine Zoten freilich aus dem (inzwischen öffentlichen) und vom Gericht als Beweismittel zugelassenen Video-Mitschnitt (von einem Agenturmeeting 2015) muss er freilich nach wie vor gegen sich gelten lassen:
Laut einer Umfrage der US-Organisation "Association of Accredited Advertising Agents" aus dem vergangenen Jahr wurde mehr als jede zweite Frau, die in der Werbebranche arbeitet, mindestens einmal Opfer sexueller Belästigungen.
Erst vor drei Tagen schrieb Kreativdirektorin Hannah Fricke in einem Gastbeitrag für W&V Online, dass sexuelle Übergriffe zum Branchenalltag gehören.