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Selfie-Wahn: So gefährlich kann die Selbstinszenierung sein
Knipsen immer und überall: Selfies verbreiten sich rasend schnell. Sie sorgen für Rekorde und Skurriles, können aber auch Gefahren bergen.
Handy zücken, Arm strecken, lächeln und klick – fertig ist das Selfie. Jeder kennt das Selbstporträt via Smartphone und die meisten von uns knipsen selbst täglich munter drauf los. Eines der wohl populärsten Selfies aus dem vergangenen Jahr stammt von US-Moderatorin Ellen DeGeneres. Ihr Selbstporträt von der Oscarverleihung zwischen zahlreichen Hollywood-Stars wie Angelina Jolie, Julia Roberts oder Brad Pitt wurde millionenfach geteilt.
Seitdem das Oscar-Foto sogar zeitweilig Twitter in die Knie zwang, gibt es kein Entkommen mehr. Alles muss zu einem auf Instagram oder Facebook teilbaren Erlebnis werden. Egal ob ein Fußballer, historische Bauten einer Weltstadt, außergewöhnliche Orte, wilde Tiere – alles ist willkommen auf der Jagd nach dem besten Schnappschuss. Die Selbstporträts mit dem Smartphone werden dabei immer waghalsiger und exotischer. Für besonders extravagante Selfies begeben sich die Fotojäger auch gerne in Gefahr.
In Denver zwang der extreme Selfie-Wahn den Wildpark Colorado Parks & Wildlife erst kürzlich dazu, das Areal für seine Wildtiere zu schließen. Wie ein Manager des Parks gegenüber dem "Pressetext" erklärt, hatten einige Besucher versucht sich in weniger als drei Metern Distanz mit wilden Bären abzulichten. Zur derzeitigen Jahreszeit eine ziemlich blöde Idee: Die Tiere bereiten sich auf ihren Winterschlaf vor und könnten von derartigen Fotoattacken schnell gestresst werden. "Es ist aus unserer Sicht völlig leichtsinnig, so nahe an Wildtiere heranzutreten und ihnen dabei den Rücken zuzuwenden." Die Konsequenz: Bis die aktive Zeit der Bären vorbei ist, bleiben die Tore des US-Parks vorerst geschlossen.
In Deutschland ist das Foto-Shooting auf Gleisen besonders beliebt, wie unter anderem die "Welt" schreibt. Insbesondere für Jugendliche ist das Sehnsuchtsmotiv eine begehrte Selfie-Kulisse. 2011 erfasste im schwäbischen Memmingen ein Zug eine 13- und eine 16-Jährige. Die Polizei fand Fotos auf ihren Handys und in sozialen Netzwerken, die sie auf den Gleisen zeigten. Zwei Jahre später kamen zwei 14 und 15 Jahre alte Freundinnen im westfälischen Lünen bei einem ähnlichen Unfall ums Leben. Im Juni 2015 kletterten drei Mädchen für ein Selfie die Böschung an einer Eisenbahnbrücke in Bremen hoch und erst in dieser Woche posierte eine Mutter samt Tochter auf den Gleisen bei Stendal in Sachsen-Anhalt – so die "Bild"-Zeitung am 15. September. Alarmiert von Zeugen sperrte die Bundespolizei die Strecke und holte die Frauen aus den Gleisen. Zuhause wartet nun ein Ordnungswidrigkeitsverfahren auf die Mutter.