
Demner, Merlicek & Bergmann:
Schweizer in Rage: Media-Markt stoppt "Löli"-Spot
Eine Onanier-Szene in der schrägen "Lölis"-Kampagne bringt dem Elektronikhändler Media-Markt in der Schweiz viel Kritik ein - aber auch neue Fans und die gewünschte Aufmerksamkeit. Ein "Videobeweis" zeigt nun, was wirklich unter der Decke passiert....
Eine Onanier-Szene im Schweizer Fernsehen? Das ging den Sittenwächtern entschieden zu weit. Auch wenn "Sohn Reto" nur unter der Decke zum Pixel-Porno aus dem Uralt-TV zu masturbieren scheint - der erste Spot der neuen, schrägen Media-Markt-Kampagne regte viele Schweizer so dermaßen an - pardon, auf - dass der Elektronikhändler den Kurzspot zurückzog.
Laut "20min" gingen mehr als 50 schriftliche Beschwerden bei Media-Markt Schweiz ein, unter anderem von Mutti Sandra, die ihrem "Göttibub" um 19 Uhr erklären musste, was diese "Mansgöggel" da am Bildschirm so machen. Die anderen Filme rund um die Deppen-Familie "Lölis" (das steht in der Schweiz für "Trottel") wanderten deshalb gleich auf spätere Sendeplätze.
Dabei haben "Die Lölis" - erfunden von der Wiener Agentur Demner, Merlicek & Bergmann - durchaus viele Fans in der Schweiz, wie das Fachmagazin "Werbewoche" zu berichten weiß. Und die werden sich auch über die Auflösung freuen. Denn in einem "Videobeweis", den Media-Markt nun im Web hinterher schob, erklärt Reto, was er wirklich unter der Decke macht - nämlich mit seinem Joystick spielen.
Ob das von vorneherein als Marketing-Gag geplant war oder nur die Wogen glätten soll, bleibt offen. Im Interview mit der "Werbewoche" lässt Harry Bergmann, Partner bei Demner, Merlicek & Bergmann, da viel Spielraum für Interpretationen. Er spricht von einer "Hommage an den Schweizer Humor".
Zuvor war das Unternehmen noch zurück gerudert. "Wir wissen, dass die bewusst überspitzte Darstellung und der zuweilen schräge Humor unserer Werbung nicht immer Gefallen finden. Wir wollen mit unserer Werbung polarisieren, jedoch keineswegs beleidigen oder schockieren", zitierte "20min" eine Media-Markt-Sprecherin.
Die Polarisierung ist definitiv gelungen, denn die Kritik kommt laut "Werbewoche" aus allen Ecken des Landes. Während die Deutsch-Schweiz und West-Schweiz vor allem mit dem onanierenden Sohn hadern, wird Media-Markt im Tessin Diskriminierung vorgeworfen. Dort hieß die technisch und auch sonst ziemlich zurückgebliebene Werbe-Familie nämlich "Baluba". Und ausgerechnet so nennt sich auch ein Volksstamm in Zentralafrika. Der Sender RSI schmiss den Spot aus dem Werbeblock, Media-Markt entschuldigte sich und taufte die Balubas in Babbeo um. Kommentar Harry Bergmann: "Da hat leider irgendein Löli einen Fehler gemacht".
Kritik gibt es auch von ADC-Präsident Frank Bodin, Havas Worldwide Zürich, der die Kampagne und die Idee dahinter in "20min" als "Löli-Idee" bezeichnet. Das Thema stehe weder mit der Marke noch mit der Kommunikationsidee im Einklang, so sein Argument. Aber immerhin - so die "Werbewoche" - habe Media-Markt durch die Kampagne der Wiener in der Schweiz endlich die gewünschte Aufmerksamkeit erzielt. "Das hätte sich mit 'Das muesi grad am Urs verzelle' und 'Ich bi doch nid blöd' auf die Dauer wohl schwierig gestaltet", meint Autor Thomas Häusermann. Und das freut auch Harry Bergmann: "Wir sind zufrieden, dass über die Kampagne offensichtlich mehr gesprochen wird, als über alle anderen derzeit laufenden Kampagnen in der Schweiz." Das gesamte Interview lesen Sie unter www.werbewoche.ch.