
Kommentar von Christian Baertschi:
Schweizer Werbeallianz Admeira: "Lösen von Politik der Mutterfirmen"
Die umstrittene Schweizer Vermarktungsfirma Admeira ist gestartet. In einem Kommentar erklärt Christian Baertschi von Serviceplan Suisse, warum die Werbeallianz der richtige Weg ist und weshalb sich der neue Vermarkter von seinen Mutterfirmen emanzipieren muss.
Nachdem nun auch das Bundesverwaltungsgericht grünes Licht gegeben hat, konnte jüngst in der Schweiz die gemeinsame Vermarktungsfirma von Ringier, SRG und Swisscom an den Start gehen. Die Werbeallianz Admeira ist im Markt umstritten und sorgt bei anderen Medienhäusern für große Unruhe (siehe W&V, Nr. 13): "Zwei bundesnahe Kolosse dringen weit in den privatwirtschaftlichen Bereich vor", kritisiert etwa die "Neue Zürcher Zeitung" und fordert ein Eingreifen der Politik.
Christian Baertschi, Managing Partner Serviceplan Suisse AG, hält die Werbeallianz für den richtigen Weg. In einem Kommentar erklärt er, warum es jedoch nötig ist, dass sich der neue Vermarkter von seinen Mutterfirmen emanzipiert.
Admeira: Politik und Partikularinteressen verhindern konsequente Umsetzung
Am 4. April startete mit Admeira die Schweizer Antwort auf die in der öffentlichen Wahrnehmung vorherrschende Big-Data-Übermacht von Google, Facebook & Co. – strategisch smart. Offensichtlich hat ein Teil der Verlagsbranche festgestellt, dass nationale Grenzen beim Medienkonsum nur beschränkt das Auftreten von neuen Konkurrenten verhindern und proaktiv einen Vorstoß initiiert.
Das Joint Venture der Swisscom mit der SRG und Ringier versetzt die nicht partizipierenden privaten Medienhäuser in helle Aufregung. Das mag auf den ersten Blick aufgrund der staatlichen (SRG) und halbstaatlichen (Swisscom) Partner verständlich sein. Gleichzeitig zerfleischt sich die Branche allerdings selbst – anstatt die Weiterentwicklung ihrer Produkte und Dienstleistungen an den Bedürfnissen des Schweizer Marktes auszurichten.
Die Grundidee hinter Admeira ist gut und einfach: Der Zusammenschluss soll die gemeinsame Entwicklung neuer Werbeformen und -technologien ermöglichen. Aber wie so oft gilt auch hier das Prinzip "10 Prozent Inspiration - 90 Prozent Perspiration". Bald ein Jahr nach Ankündigung ist die Inspirationsphase heute definitiv vorbei und harte Arbeit ist angesagt. Hier steht dem Admeira-Team die gewaltige Aufgabe bevor, drei Einheiten mit unterschiedlichster Herkunft und Kultur zu einem neuen, schlagkräftigen Unternehmen zu vereinen.
Mit Blick auf die Besetzung des Verwaltungsrates kann angenommen werden, dass politische Überlegungen auch in Zukunft eine gewichtige Rolle spielen werden. Und genau dies dürfte die größte Knacknuss sein: Das neue Unternehmen hat den erklärten Anspruch, den Markt neu zu definieren. Dazu sollte es sich konsequent von den Partikularinteressen seiner Mutterfirmen lossagen.
Aus unternehmerischer Sicht ist nicht verständlich, weshalb sich das neue Unternehmen nicht zuerst auf die erfolgreiche Vermarktung des digitalen Inventars konzentriert, sondern gleichzeitig der gesamte Gemischtwarenladen des traditionellen Verlagshauses Ringier eingebracht wird. Denn die Integration der angestammten Offline-Welt mit den neuen Möglichkeiten der digitalen Sparte ist offensichtlich für die meisten Unternehmen nach wie vor nicht ganz einfach. Es ist gerade diese Struktur, welche den meisten Medienhäusern bisher intern Probleme in der konsequenten Umsetzung bereitet hat. Bei Admeira scheinen jedenfalls Politik und Partikularinteressen einzelner Player den – für Außenstehende – strategisch sinnvolleren Weg behindert zu haben.
Abgesehen von dieser Einschätzung noch dies: Die Grundidee des Unternehmens fußt auf der Annahme, dass mit der Verfügbarkeit umfassender Datenmengen in Zukunft die Effizienz und Effektivität von Werbung per Algorithmus sozusagen vorgegeben werden kann. Das ist aus Sicht des Werbers ein immer wiederkehrender Trugschluss, welcher zwei Dinge außer acht lässt:
1. Die kommerzielle Sammlung und Verwendung von Kundendaten wird sich in den kommenden Monaten und Jahren vermehrt der öffentlichen Diskussion stellen müssen. Dabei wird die Frage nach dem Eigentum an diesen Daten zunehmend thematisiert und damit auch den Regulator zu stärkerer Aktivität bewegt.
2. Die Verfügbarkeit der Daten alleine nützt wenig. Viel wichtiger wird die Frage sein, was aus den Daten (sollten diese denn verfügbar sein) tatsächlich auch gemacht wird, um einen echten Mehrwert zu erzielen.
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Über den Autor:
Im Dezember 2012 startete die Serviceplan Gruppe mit Serviceplan Suisse in Zürich. Geschäftsführer und Partner ist Christian Baertschi, Co-Geschäftsführerin ist Pam Hügli. Christian Baertschi leitete zuvor die BMB Werbeagentur, die er 2005 gegründet hatte.