Hass im Netz:
Sanktion statt Argumentation: Lammert will Hasskommentare stärker ahnden
Bundestagspräsident Norbert Lammert fordert ein Mindeststrafmaß für Beschimpfungen im Internet. Gerade politisch Tätige erlebten unerträgliche Verleumdungen und Drohungen.
Der CDU-Mann sieht in den sozialen Medien die "Mindestvoraussetzungen eines zivilisierten Umgangs konterkariert". Deswegen fordert Bundestagspräsident Norbert Lammert ein härteres Vorgehen gegen Hasskommentare im Internet. Es sei in keiner Weise hinnehmbar, was Abgeordnete im Bundestag und gerade in den Kommunen zum Teil täglich an Verleumdungen, Beschimpfungen und unmittelbarer Gewaltandrohung erlebten, sagte der CDU-Politiker im Gespräch mit dem Vorsitzenden der Gesellschaft für deutsche Sprache, Prof. Peter Schlobinski.
"Für solche Delikte sollte es ein Mindeststrafmaß geben, um Staatsanwaltschaften und Richtern die Möglichkeit zu nehmen, Strafverfahren wegen vermeintlicher Unerheblichkeit gleich niederzuschlagen", schlägt Lammert vor und stellte klar: "Ich rede also von Sanktionen, nicht von Argumentation." Diese erreiche nämlich die einschlägigen Urheber von Hass-Angriffen kaum noch.
"In der Demokratie sind Kritik und leidenschaftlicher Streit in der Sache nicht nur erlaubt, sondern erwünscht und unabdingbar", stellt Lammert fest. Davon zu unterscheiden sei jedoch die im Netz gepflegte Kommunikation: "Ich akzeptiere, dass sich politische Mandatsträger eine besonders kritische Begleitung, auch Kommentierung ihres Handelns gefallen lassen müssen", erklärte der Parlamentspräsident, der eine zunehmende Verrohung der Umgangsformen in den "sogenannten sozialen Medien" beklagte.
Auch den prägnanten 140-Zeichen-Formulierungen bei Twitter steht Lammert skeptisch gegenüber: "Wenn Politik Vertrauen zurückgewinnen will, reichen Sekundenstatements und Tweets wohl kaum aus – selbst hartnäckigsten Netz-Jüngern nicht, sofern sie an Politik ernsthaft interessiert sind. Deshalb empfehle ich dringend, anstelle von Tweets und Kurzstatements, die Komplexität politischer Fragen offen darzustellen, Sachverhalte, mögliche Lösungswege und deren Konsequenzen detailliert zu erklären. Schließlich wird kein Politiker zum 'Zwitschern' und zur Sprachkasteiung gezwungen."
am/mit dpa