South by Southwest:
SXSW 2017: Bots, VR, Politik und eine starke deutsche Präsenz
Anfang März ist wie jedes Jahr SXSW-Zeit. Dann zieht es wieder zehntausende Teilnehmer zur weltweit größten und bedeutendsten Digitalkonferenz in den Süden der USA. Aus Austin berichtet Adrian Rosenthal.
Diesen Satz habe ich in den letzten sieben Jahren sechs Mal genauso oder ähnlich geschrieben: Anfang März ist wie jedes Jahr SXSW-Zeit. Dann zieht es wieder zehntausende Teilnehmer zur weltweit größten und bedeutendsten Digitalkonferenz in den Süden der USA.
Es werden die wichtigsten Trends und Entwicklungen diskutiert, die neusten Anwendungen präsentiert und die aktuellste Hardware vorgestellt.
Jedes Jahr trifft man eine ganze Reihe alter Freunde - und macht natürlich auch neue. Denn neben den zahlreichen Workshops und Präsentationen, ist es genau das, was die SXSW ausmacht: die Leute, das Netzwerken, die Gespräche und Diskussionen.
Mittlerweile ist die SXSW am 3. Tag angekommen, Zeit für eine kurze Zwischenbilanz.
Die Logistik
Wie jedes Jahr wurde wieder eine temporäre Wohngemeinschaft auf die Beine gestellt. Via Airbnb ein passendes, großes Haus recherchiert und die WG organisiert.
Mit dabei sind dieses Jahr: die Digitalberaterinnen Tabea Wilke von Botswatch und Alyssa Stanhope von ANDigital, die freien Journalisten Lars Gaede (berichtet für die Wired von der SXSW) und Felix Zeltner (für mehrere Medien in Austin unterwegs) und Matthias Mühlenhoff, der Strategiechef bei unserer Agenturschwester Publicis Pixelpark in Hamburg ist.
Nach Streitigkeiten mit der Stadt Austin, untersagten die Behörden den Beförderungsunternehmen Lyft und Uber die Möglichkeit, einen Fahrdienst anzubieten. Das sorgte bei einigen Besuchen mit Sicherheit für Schnappatmung, sollte uns allerdings nicht aufhalten. Wir haben uns für die diesjährige SXSW Fahrräder organisiert.
Die Organisation vor Ort erfolgt dabei unter verschiedene Whatsapp-Gruppen, in denen wir uns mit weiteren deutschen Teilnehmern zusammengeschlossen haben. Hier werden Empfehlungen für die besten Veranstaltungen geteilt, Treffen vereinbart oder der Abend geplant. Denn das Wissen der Crowd muss ausgenutzt werden.
Die Deutschen
Überhaupt ist die deutsche Präsenz auf der SXSW mit fast 1.000 Teilnehmern unverändert hoch. Eine ganze Reihe der deutschen Teilnehmer reiste dabei schon zusammen im Lufthansa Flying Lab an – und kamen so in den Genuss der wohl ersten SXSW Pre-Conference über den Wolken.
Zum achten Mal hintereinander ist das German Haus die zentrale Anlaufstelle auf der Konferenz. Jeden Tag findet dort ein umfangreiches Programm mit einem anderem Schwerpunkt statt.
Der Kick-Off am Samstag stand unter dem Titel Smart Cities und begann mit einer Panel-Diskussion zum Thema Connected Mobility, an der unter anderem Daimler-CEO Dieter Zetsche und Christoph Bornschein von TLGG teilnahmen. Ein anderer Tech-Schwerpunkt wird sich mit dem Thema Intelligent Future & Wearables beschäftigen.
Auch eine Reihe von Startups aus Hamburg ist wieder mit dabei. Finanziert durch Unternehmen wie Ernst & Young, Deutsche Bank, Sutor Bank und Xing bringt das Hamburg Startups-Team um Sanja Stankovic seit 2014 ausgewählte Gründerinnen und Gründer nach Austin.
Mit Tinnitracks gewann 2015 zum ersten Mal ein deutsches Startup in der Kategorie "Digital Health and Life Sciences" beim begehrten SXSW Accelerator. Auch dieses Jahr ist ein Startup aus der Hamburger Delegation nominiert. Gründerin Enri C. Strobel von Horse Analytics, die bald ein Wearable zum Tracking der Bewegungen von Pferden auf den Markt bringen wird, ist in der Kategorie Sports Technologies dabei.
Die Politik
Die SXSW war schon immer politisch, doch dieses Jahr ist sie fast schon politisiert - vor allem in ihrer Opposition zu Donald Trump. Das schlägt sich zum einen an der Vielzahl von Vorträgen, Workshops und sogar Hackathons zu politischen Themen – von Überwachung und Data Privacy hin zu digitalen Innovationen im politischen Kontext – nieder.
Auch einige der Keynote Speaker kommen aus der Politik. Senator Cory Booker eröffnete die Konferenz am Freitag und nutzte die Gelegenheit, um in seiner Rede den US-Präsidenten Donald Trump scharf zu kritisieren. Der Politiker aus New Jersey gilt als einer der großen Hoffnungsträger der Demokraten.
Ex-Vize-Präsident Joe Biden sprach am Sonntag über das Projekt Cancer Moonshot, eine Initiative, die sich dem Kampf gegen Krebs verschrieben hat. Biden gründete Cancer Moonshot zusammen mit seiner Frau, um Krebs-Therapien mehr Menschen in den USA zugänglich zu machen.
Donald Trump ist zwar selbst nicht anwesend, dennoch ist der US-Präsident und seine Politik auf eine schattenhafte Art Weise präsent.
So fehlte in der Delegation von Hamburg Startups leider Manouchehr Shamsrizi von Retrobrain, der als Inhaber eines deutschen und eines iranischen Passes vom Chaos um den Travel Ban der Trump-Administration betroffen war. Aufgrund der herrschenden Unsicherheit entschied er sich gegen eine Reise nach Austin.
Auch die Rolle der Medien beziehungsweise des Journalismus wird vor allem im politischen Kontext diskutiert. So ging es beim Interactive Day der New York Times am Wochenende vor allem um Fake News und die Frage "Is Donald Trump as crazy as it seems?".
Auch wenn sie sich an Trump abarbeiten - die Rolle der klassischen Medien scheint dieses Jahr deutlich mehr geschätzt zu werden.
Die Themen und Trends
Die Suche nach the next big thing auf der SXSW ist immer so eine Sache. Denn die gibt es auch dieses Jahr nicht - weder die eine neue Super-App oder die alles dominierende Technologie. Aber das ist auch gut so.
Damit bleibt mehr Zeit, tiefer in Technologien einzusteigen, die schon letztes Jahr eine mehr oder weniger große Rolle spielten: AI, VR und Bots. Diese drei Themen ziehen sich vor allem durch den Intelligent Future-Track der SXSW, werden aber auch beim Brand & Marketing-Track heiß diskutiert. Doch dazu mehr im nächsten Post von der SXSW.
PS: Die wichtigste Meldung habe ich vergessen. Grumpy Cat ist natürlich auch wieder dabei.
Der Autor: Adrian Rosenthal ist Head of Social Media and Digital, MSL Germany.
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