
Ruzicka-Prozess: Richter will Aegis-Chefs vorladen
Recherche in den höchsten Etagen: Im Wiesbadener Landgericht könnte bald internationale Agenturprominenz auftreten. Die Justiz will Alexander Ruzickas früheren Chef Douglas Flynn und den heutigen Aegis-CEO Jerry Buhlmann vorladen. W&V-Mediaexpertin Sonja Feldmeier berichtet aus Wiesbaden.
Im Wiesbadener Landgericht könnte bald internationale Agenturprominenz auftreten. Im Untreue-Prozess gegen den Ex-Aegis-CEO Alexander Ruzicka hat der Vorsitzende Richter Jürgen Bonk an diesem Mittwoch erklärt, dass er sich um die Ladung von Douglas Flynn und Jerry Buhlmann bemühe. Douglas Flynn war bis 2003 Vorgesetzter von Alexander Ruzicka und soll ihm – nach Aussagen des Mitangeklagten David Linn – relativ freie Hand gegeben haben bei der Erwirtschaftung der hohen Profitziele.
Flynn arbeitet heute als Chief Executive des Chemieunternehmens Rentokil Initial in Australien. Jerry Buhlman ist CEO Aegis Media Global und leitet das operative Geschäft des Networks. Ob es die beiden vielbeschäftigen Manager terminlich einrichten können, in Wiesbaden zu erscheinen, bleibt abzuwarten.
Der Verhandlungstag an diesem Mittwoch verlief dagegen unspektakulär. Als zeuge war der Wiesbadener Architekt geladen, der die Bauarbeiten der beiden von Ruzicka in Auftrag gegebenen Häuser am Oberen Heideweg 14 und 16 leitete. Eines der beiden Häuser sollte der ebenfalls beschuldigte Ex-Carat-Geschäftsführer Heinrich Kernebeck bewohnen. Nach Angaben des Architekten wurde über die Objektgesellschaft OH 14 abgerechnet. Diese Firma wird Alexander Ruzicka zugeschrieben, als Geschäftsführer fungierte bis zum Zeitpunkt der Durchsuchungen im September 2006 dessen Lebensgefährte. An die OH 14 sollen Gelder aus den Scheingeschäften abgezweigt worden sein. Unter anderem gab es eine Überweisung von der involvierten Wiesbadener Agentur Zoffel Hoff Partner (ZHP).
Die Bauarbeiten am Oberen Heideweg 14 seien jedoch ins Stocken geraten, so der Zeuge. Architekt und Handwerker seien 2005 und 2006 nach Südafrika abgezogen worden, um eine "Villa in traumhafter Lage" nach Ruzickas Vorstellungen umzubauen. Der Architekt war davon ausgegangen, dass dieses Objekt vorwiegen privat genutzt werde und Ruzicka gehöre. Dieser Sachverhalt stützt die Argumentation von Staatsanwaltschaft und Oberlandesgericht, Ruzicka wegen Fluchtgefahr nicht aus der Untersuchungshaft zu entlassen.
Nachdem der geladene Wiesbadener Anwalt W. nicht aussagte, war am Mittwoch außerdem die Kriminalbeamtin geladen, die den ebenfalls Beschuldigten vernommen hat. Demnach hat W. gegenüber den Polizisten eingeräumt, zumindest einmal die Unterschrift eines anderen Beschuldigten gefälscht zu haben, der als Geschäftsführer der mutmaßlichen Tarnfirmen Watson und Ortago fungierte.
Nächste Woche sind keine Verhandlungstermine anberaumt. Am 8. und 9. September wird der Prozess fortgesetzt. Dann soll der Mitangeklagte David Linn durch Ruzickas Verteidiger befragt werden und Hans-Henning Ihlefeld aussagen. Dieser war als CFO Vorgänger von Aegis-CEO Andreas Bölte. Er soll auch in die Beratungen über die beiden anonymen Anzeigen involviert gewesen sein.