Trolle, AfD und "Lügenpresse"-Vorwurf:
Qualitätsmanager für die "Tagesschau"
Wider den Vorwurf der "Lügenpresse": "ARD-aktuell"-Chefredakteur Kai Gniffke will die Arbeit der "Tagesschau" von einem Qualitätsmanager überwachen lassen.
Den Umgang mit zunehmender Kritik an der Berichterstattung will die "Tagesschau"-Redaktion "ARD-aktuell" mit einem Qualitätsmanager begleiten. Er soll die redaktionelle Arbeit unter Berücksichtigung der Zuschauerbeschwerden unterstützen und im Laufe des kommenden Jahres seine Arbeit aufnehmen. Das kündigte "ARD-aktuell"-Chefredakteur Kai Gniffke am Montagabend im Rahmen einer Vorlesungsreihe zum Thema "Lügenpresse" an der Hamburger Universität an.
Zugleich plädierte er für mehr Erklärformate in den ARD-Sendungen von "Tagesschau" und "Tagesthemen", was dazu führen werde, dass andere Themen weniger oder kürzer behandelt würden. "Wir werden in Zukunft stärker sieben und uns auch mehr erklären müssen, warum wir das tun." Mittlerweile erreichten die Redaktion pro Tag durchschnittlich 200 Kommentare per Mail, 2000 Kommentare bei Tagesschau.de, 8000 Posts via Facebook sowie eine offizielle Programmbeschwerde, mit der sich der Rundfunkrat befassen müsse. Die Zahl der "Trolle" nimmt auch rund um die ARD zu.
Zuvor nahm der Journalist nochmals Stellung zu den Vorwürfen unter dem Label "Lügenpresse", auf eine Berichterstattung über die Freiburger Studentin verzichtet zu haben, die mutmaßlich von einem 17-jährigen Flüchtling aus Afghanistan ermordet wurde. Es falle ihm schwer, in diesem Zusammenhang von mangelnder Relevanz zu sprechen, aber dieser Fall habe nicht in das Portfolio der Nachrichtensendung gepasst. Gniffke hatte sich dazu bereits im "Tagesschau"-Blog erklärt.
AfD über weiter Kritik an der ARD - und will den Rundfunkbeitrag abschaffen
Und: Die Berichterstattung über den Sexualmord in Freiburg und über die Übergriffe in der Kölner Silvesternacht führt die AfD aktuell als zwei Beispiele dafür an, "dass nicht umfassend berichtet wird", wie die Parteivorsitzende Frauke Petry am Montag verkündete. Petry warf den öffentlich-rechtlichen Sendern vor, sie erfüllten ihren "Bildungs- und Informationsauftrag" nicht mehr. Ein eigenes Medienkonzept werde die AfD zu einem späteren Zeitpunkt vorlegen. Dann werde man entscheiden, ob der Rundfunk künftig noch teilweise öffentlich oder ganz privat finanziert werden solle.
Denn die AfD will, dass der Rundfunkbeitrag abgeschafft wird. Dafür beantragte sie in den zehn Landesparlamenten, in denen sie vertreten ist, eine Kündigung des Rundfunkstaatsvertrags. Die Partei unterstellt ARD, ZDF und Co. "Hofberichterstattung" für die regierenden Parteien zu betreiben, der Vorwurf der "Lügenpresse" wird auch hier laut.
Übrigens: Stefan Niggemeier findet, dass sich die "Tagesschau" im Fall Maria richtig verhalten hat. Die ARD-Nachrichtensendung hatte nicht über den Mord an der Freiburger Studentin und die Festnahme eines tatverdächtigen Flüchtlings berichtet. Die Redaktion habe sich genauso verhalten, wie in fast jedem anderen Mordfall, springt Niggemeier der ARD zur Seite.
"Tagesthemen" berichteten dann doch noch
Übrigens: Die ARD-"Tagesthemen" haben der in Freiburg getöteten Studentin und der Festnahme eines 17-jährigen Flüchtlings am Montagabend einen eigenen Beitrag gewidmet. In der Nachrichtensendung im Ersten erklärte "Tagesthemen"-Moderator Ingo Zamperoni ausführlich, warum die Entscheidung der Redaktion zuvor dagegen gefallen war: "Üblicherweise sind Taten wie der Mord in Freiburg, so tragisch sie sind, kein Thema für die Tagesthemen. So haben wir in der Redaktion zunächst auch in diesem Fall entschieden", sagte er und sprach auch die Kritik daran an.
Zamperoni erläuterte auch, warum die Redaktion sich nun anders entschieden habe: "Dass wir jetzt darüber berichten, liegt daran, dass der Fall nun eine politische Dimension bekommen hat. Das Opfer wird dabei ebenso von einigen Seiten instrumentalisiert wie der mutmaßliche Täter."
ps/dpa